Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 37 = 5.F. Jg. 2 (1893))

Verein, Verbindung, Gesellschaft, Korporation.

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zwecken entsprechende Thätigkeit der Mitglieder als Erfüllung einer
übernommenen Pflicht sich darstellt. So ist der zur Vereinskasie
geleistete Beitrag, das erlegte Strafgeld keine freiwillige, sondern
eine pflichtmäßige Gabe. Wer als Mitglied eines Turn- oder
Gesangvereins bei den Uebungen sich den Anordnungen des Leiters
nicht fügt, verletzt eine vertragsmäßig übernommene Pflicht u. a. m.
Daß es sich vielfach um nicht exequirbare Leistungen handelt, ein
Klagerecht häufig undenkbar ist, kann nicht als durchschlagend gelten.
Statt dessen treten die Strafberedungen für alle Fälle des Zuwider-
handelns ein. Vereinsstatuten lassen sie fast niemals vermissen.
Hervorgehoben sei noch ein Mal, daß das die Vereinsmilglieder
verknüpfende rechtliche Band zwischen diesen selber und nicht zwischen
ihnen und dritten Nichtmilgliedern geschlungen sein muß. Dies ist
auch der theoretische Grundsatz des Reichsgerichtes, welches in dem
Zusammentreten der Mitglieder die Vereinsbildung erblickt. Ihre
Handlung ist also ohne Beziehung zu Dritten. Wie jedoch unten zu
zeigen, hat das Reichsgericht gegen diesen scheinbar selbstverständlichen
Satz in seiner praktischen Entscheidung verstoßen. Hier genüge einst-
weilen festzustellen, daß Subjekte wie Objekte der Verbindungshandlung
nur die Mitglieder sein können. Die Kasuistik wird alle soeben aus-
gestellten Behauptungen bestätigen.
Man könnte die rechtliche Verbindung der Mitglieder unter
einander leugnen und die alle Betheiligten zusammenhaltende. Kraft
nicht in einer Rechtspflicht, sondern in einer durch andere Faktoren
z. B. Sitte, soziale Stellung, rechtsunverbindliche Verab-
redung u. s. w. gesetzten Verpflichtung finden wollen. Auch dies
ist irrig. Andernfalls müßten z. B. Aufsichtsrath, Vorstand u. s. w.
einer Handelsgesellschaft ebenfalls ein Verein sein. Die Mitglieder
werden gewählt und als Beauftragte resp. Bevollmächtigte ihrer
Wähler treten sie zusammen, um gemeinsam thätig zu sein.
Es hat jedoch Niemand hier von einem Verein geredet. Die Mit-
glieder des Aufsichtsraths sind sich eben unter einander nicht zu
bestimmter Thätigkeit verpflichtet, ein Verschulden macht sie nur
ihren Auftrag- und Vollmachtgebern verantwortlich. Der Fehler
des Reichsgerichtes liegt einmal darin, daß es mit dem farblosen
Wort Zusammentreten seine Ausführung stützen zu können glaubt.
Ein Anderes ist später zu bemerken. Zusammentreten viele Per-
sonen, häufig sogar auf recht lange Zeit, ohne daß bisher irgend
Jemand die durch das bloße Zusammentreten erzeugten Bildungen

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