Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 46 (1902))

Die Vorschutzpslicht des Ehemanns.

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geberischen Standpunkts, und zudem ist nirgends, weder in der
Kommission für die zweite Lesung, noch in der Denkschrift, noch im
Berichte der XII. Kommission oder im Plenum des Reichstags auch
nur mit einer Silbe angedeutet worden, daß der Standpunkt des
I. Entwurfes verlaßen werden sollte (vergl. Mugdan Bd. 4 S. 767,
768, 770, 785 ff., 1l 53 ff.).
Endlich kanaiman m. E. auch nicht, wie das Reichsgericht es
thut/) daraus, daß der Mann die Kosten eines, persönliche Ange-
legenheiten der Frau betreffenden, Rechtsstreits mit einem Dritten
zu tragen hat (§ 1416 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 1387
Nr. 1 B.G.B.), auf die hier besprochene Vorschußpflicht schließen.
Es ist doch eine wesentlich härtere Zumuthung an den Mann, die
Kosten für ein gegen ihn selbst gerichtetes Verfahren vorzuschießen,
als die Mittel für einen gegen einen Dritten zu führenden Prozeß
zu gewähren, bei dem er regelmäßig auf Seiten seiner Frau stehen
wird. Dennoch hat cs der Gesetzgeber für nöthig befunden, den
Umfang der im letzteren Falle bestehenden Verpflichtung dahin ein-
zuschrünken: „wenn die Aufwendung der Kosten den Umständen nach
geboten ist". Das scheint mir von großer Bedeutung zu sein, denn
gerade dieser Umstand, daß der Gesetzgeber die Pflicht des Mannes
in Ansehung der mit Dritten zu führenden persönlichen Prozesse,
welche zudem außerordentlich selten geführt werden, auf das Gebotene
einzuschränken für nothwendig befunden hat, während eine gleiche
Beschränkung für die Prozesse zwischen den Eheleuten nirgends
ausgesprochen ist, zwingt zu der Annahme, daß für diese letzteren
Prozesse (abgesehen von der im Prozeßverfahren selbst entstandenen
Kostenpflicht) eine Verpflichtung des Mannes zur Tragung der Kosten
der Frau gegenüber überhaupt nicht geschaffen werden sollte, mithin
auch nicht die besprochene Vorschußpflicht.
Ganz anders liegen die Verhältnisse bei der Allgemeinen Güter-
gemeinschaft, für welche bekanntlich das Reichsgericht die Vorschuß-
Pflicht des Mannes gleichfalls bejaht hat. Denn dort läßt m. E.
das Gesetz eine andere Auslegung überhaupt nicht zu, auch dürfte
die Pflicht aus der Natur der Gemeinschaft ohne Weiteres folgen,
und von einer unbilligen Härte gegen den Mann kann, für die Zu-
kunft wenigstens, wohl keine Rede sein, weil die Gütergemeinschaft
nur noch mit dem Willen des Mannes eintreten kann.

*) Entsch. Bd. 47 S. 74.

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