18.29.
Rechtsverhältnisse der Kontrahenten beim Sicherungskaufe
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Einzelne Rechtsfälle.
Nr. 83.
Rechtsverhältnisse der Kontrahenten beim Stcherungskaufe.
iUrtheil des Reichsgerichts (HI. Civilsenat) vom 25. April 1902 in Sachen H.,
Beklagten, wider W., Kläger. HI. 353/1901.)
Auf die Revision des Beklagten ist das Urtheil des preuß. Ober-
landesgerichts zu Kiel aufgehoben, und die Sache in die II. Instanz
zurückverwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Parteien haben am 29. August 1899 einen schriftlichen Ver-
trag dahin abgeschlossen, daß der Beklagte sein beim Kläger in
Training und Verpflegung stehendes Rennpferd Lady H. an den
Kläger uin 740 M., welche der Beklagte dem Kläger an Futter-
kosten rc. schuldete, verkaufte und Kläger dieses Pferd fortan in
eigenem Namen besitzen solle, jedoch mit der Verpflichtung, das
Pferd dem Beklagten bis August 1900 zu Nennzwecken leihweise zu
überlassen, bis dahin das Pferd nicht zu veräußern und falls Be-
klagter es bis dahin zurückkaufen wolle, ihm dasselbe um 740 M. zu-
züglich Zinsen zurückzuübertragen. Das Pferd blieb beim Kläger
und hat Beklagter dasselbe im Laufe der Jahre 1899 und 1900 ver-
schiedene Male rennen lassen. Der Kläger verlangt nun vom Be-
klagten neben unbestrittenen Nennantheilen die restlichen Futter-,
Trainings- und sonstigen Unterhaltungskosten mit 1749,90 M., indem er
geltend macht, daß Beklagter dieselben zu bezahlen habe, da der Kauf
nur zur Sicherheit des Klägers abgeschlossen gewesen sei, eventuell
auf Grund des Leihvertrags. Der Beklagte behauptet einen festen
Kaufabschluß und bestreitet, auf Grund des Leihvertrags zahlungs-
pflichtig zu sein. Beide Vorinstanzen haben einen Sicherungskauf
unterstellt und den Beklagten verurtheilt, falls Kläger einen ihm aus-
erlegten richterlichen Eid über angebliche Aeußerungen des Beklagten
leiste, eventuell die Klage abgewiesen. Das Gericht I. Instanz geht
davon aus, daß für den Fall des Nachweises eines Sicherungskaufs
bezw. der fraglichen Aeußerungen es in der Vertragsabsicht der
Parteien gelegen habe, daß Beklagter dem Kläger die verlangten
Futter- rc. Kosten ersetze. Das Berufungsgericht läßt diese Frage
offen und erachtet für entscheidend, ob das Eigenthum an dem Pferde
auf den Kläger übergegangen sei, es verneint diese Frage, falls nur
ein fiduziarischer Vertrag vorliege, weil bei einem solchen der Be-
klagte „im Znnenverhältniffe der Parteien" trotz des Vertrags Eigen-
thümer des Pferdes geblieben sei.