Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 49 (1905))

12.1.8. Unter welchen Voraussetzungen können die Kosten eines von der Ehefrau erfolglos angestellten Ehescheidungsprozesses vom Ehemann erfordert werden?

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Einzelne Rechtsfälle.

Nr. 33.
Unter welchen Voraussetzungen können die Kosten eines von der Ehe-
frau erfolglos angestellten Ehefchei-ungsprozeffes vom Ehemann erfor-
dert werden?
GKG. § 92; BGB. §§ 1443, 1460, 1549.
(Beschluß des Reichsgerichts (III. Zivilsenats) vom 20. September 1904.
III. 249/1903.)
Die Erinnerung des Ehemanns gegen die ihm zugegangene
Kostenrechnung ist als unbegründet zurückgewiesen.
Gründe:
Die klägerische Ehefrau ist mit ihrer Ehescheidungsklage in allen
drei Instanzen kostenpflichtig abgewiesen. Es sind von ihr darauf
noch 288,70 M. reichsgerichtliche Kosten erfordert. Nachdem sie un-
pfündbar befunden, ist von der Gcrichtsschreiberei des Reichsgerichts
die fragliche Kostenrechnung auf ihren Ehemann umgeschrieben, und
sind die fraglichen Kosten von diesem erfordert. Dagegen hat jetzt
der Ehemann Erinnerung erhoben mit der Begründung, daß er
weder als Extrahent noch als unterliegender Teil zur Kostentragung
verpflichtet sei. Die Erinnerung ist nicht begründet. Der Ehemann
übersieht, daß neben den §§ 86—91 GKG. als Ergänzung derselben
auch noch der § 92 über die Verpflichtung zur Zahlung der Kosten
Bestimmungen enthält, nämlich die, daß neben den vorgenannten
Paragraphen auch die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes für
die Verpflichtung zur Zahlung der Kosten bestehen geblieben sind.
Danach fragt sich, ob nicht nach den Bestimmungen des bürgerlichen
Rechtes der Ehemann zur Auszahlung des fraglichen Kostenbetrags
verpflichtet ist, und diese Frage ist nach dem zwischen Parteien be-
stehenden Güterrechte zu bejahen. Nach Inhalt der Akten hatten die
Eheleute ihr erstes Ehedomizil in Bonn, lebten daher, wie auch die
Ehefrau zu den Akten angezeigt hat, nach rheinischem Güterrechte. Die
Eheleute leben jetzt in Wiesbaden; es ist also das preußische Aus-
sührungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche für sie maßgebend, wo-
nach bei der gesetzlichen Gütergemeinschaft des rheinischen Rechtes an
Stelle der bisherigen Bestimmungen die Vorschriften des Bürgerlichen
Gesetzbuchs über die FachrnisMjMnjchaft getreten sind. Nach diesen
(vgl. §§ 1549, 1460 BGB.) haftet für die Kosten eines Rechtsstreits
der Frau das Gesamtgut unbedingt, und da das Gesamtgut der Ver-
waltung des Mannes unterstellt ist (§ 1443 BGB.), so ist auch die
Kostenschuld mit Recht von ihm erfordert.

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