Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 49 (1905))

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Einzelne Rechtsfälle.

rückständigen Zinsen mit der Behauptung, der Hauptschuldner H.
sei inzwischen zahlungsunfähig geworden, B. und L. seien in
Wirklichkeit nicht aus der Bürgschaft entlassen worden, die schriftliche
Mitteilung vom 11. Juli 1870 sei ohne Rechtsverbindlichkeit für die
Beklagte, weil die Mitteilung nicht auch von dem Rendanten der
Sparkasse unter Beidrückung des Kassensiegels unterzeichnet sei, wie
§ 7 des Statuts vorschreibe. Auf diese Klage haben B. und L.
freiwillig vor dem Verhandlungstermine Kapital nebst Zinsen und-
Kosten im Betrage von 3490,35 M. am 1. Juni 1883 an die Be-
klagte gezahlt. Die Kläger erhoben im Jahre 1902 gegen die Be-
klagte Klage auf Rückzahlung dieses Betrags nebst Zinsen. Sie
behaupteten, ihre Ehefrauen, mit denen sie in westfälischer Güter-
gemeinschaft lebten, seien die Rechtsnachfolger des B. und L.; die
letzteren hätten im Jahre 1883 in der irrtümlichen Annahme, daß
ihre Bürgschaft noch bestanden habe, Zahlung an die Beklagte ge-
leistet, später habe sich aber herausgestellt, daß sie bereits zur Zeit
der Zahlung aus der Bürgschaft rechtswirksam von der Beklagten
entlassen gewesen seien und daß die Beklagte an ihrer Stelle zwei
andere Personen als Bürgen für die Schuld des H. ange-
nommen habe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufungs-
instanz ist dieses Urteil dahin abgeändert worden, daß die Beklagte
verurteilt wurde, an die Kläger zu gleichen Teilen 3490,55 M. nebsi
4- % Zinsen seit Zustellung der Klage zu zahlen, während die weiler-
gehende Zinsenforderung der Kläger abgewiesen wurde. Nunmehr
hat die Beklagte Revision eingelegt.
Entscheidungsgründe:
Das Berufungsgericht geht mit Recht davon aus, daß sich die
erhobene Klage als oonäietio indebiti darstellt, die entsprechend
der Vorschrift des Art. 170 EGBGB. nach altem Rechte, und zwar
nach den §§ 178 ff. ALR. I. 16, zu beurteilen ist. Im Gegensätze
zu der Auffaffung des Landgerichts hält das Berufungsgericht
die Voraussetzung zu 2 § 178 a. a. O., daß die Beklagte
als Empfängerin der zurückgeforderten Zahlung dadurch eineu
Vorteil erlangt habe, zu welchem sie gar kein Recht hatte,
für gegeben und den Fall des § 180 a. a. O. für nicht zu-
treffend ; zur Begründung wird angeführt, es sei eine fremde Schuld
als eigene gezahlt worden, denn die Rechtsvorgänger der Kläger — B.
und L. — hätten offenbar nicht gezahlt, um den Hauptschuldner:

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