Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 49 (1905))

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Einzelne Rechtsfälle.

Betrieb notwendigerweise, auch ohne jedes Verschulden der Beklagten,
Eingriffe in das Grundeigentum, z. B. durch Funkenüberwurf, mit
sich bringen muß.
Die Beklagte ist hiernach, obgleich ihr ein Verschulden unstreitig
nicht zur Last fällt, zum Ersätze des dem Kläger durch den Bahn-
betrieb erwachsenen, seiner Höhe nach nicht angefochtenen Schadens-
betrags verpflichtet.
Der Kläger hat zur Begründung seines Anspruchs noch auf das
Urteil des Fünften Zivilsenats des Reichsgerichts vom 1l. Mai 1904
(V. 415/03) Bezug genommen, das zum Abdruck in der amtlichen
Sammlung der Entscheidungen bestimmt ist.*) Dieses Urteil betrifft
einen dem jetzt zu entscheidenden Falle ähnlichen, dem Gebiete des
früheren rheinischen Rechtes angehörigen Fall der Schädigung eines
Grundeigentümers durch Funkenüberwurf des Betriebs einer Klein-
bahn. Dort versagte der Art. 109 EGBGB., da die den § 75 Einl.
z. ALR. entsprechende Vorschrift des rheinischen Rechtes (Art. 545
des rheinischen BGB.) durch den Art. 89 zu 2 PrAGBGB. auf-
gehoben worden ist. Der Fünfte Zivilsenat gelangte aber dessen-
ungeachtet zur Verurteilung der Kleinbahn zum Ersätze des durch
Funkenüberwurf verursachten Schadens, und zwar auf Grund der
Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Er entnahm den: letzteren
den zwar nicht im Bürgerlichen Gesetzbuch ausdrücklich ausgesprochenen,
aber doch nach der Meinung des Fünften Zivilsenats aus einzelnen
Vorschriften desselben sowie anderer Reichs- und Landesgesetze sich
ergebenden allgemeinen Rechtsgrundsatz, daß dem Grundeigentümer,
wenn ihm im Einzelfalle das so wesentliche Recht, Eingriffe in sein
Eigentum abzuwehren, entzogen ist, notwendig hierfür anderweitiger
ausreichender Ersatz gegeben sein müffe und daß solcher Ersatz nur
in der Gewährung der durch Verschuldensnachweis nicht bedingten
Klage auf Erstattung des angerichteten Schadens gefunden werden
könne. Ob dieser Rechtsauffaffung des Fünften Zivilsenats beizu-
Ireten ist, kann hier dahingestellt bleiben, da die jetzt getroffene Ent-
scheidung ihre selbständige Grundlage in einer außerhalb des Bürger-
lichen Gesetzbuchs bestehenden landesgesetzlichen Rechtsnorm findet.
Einer Prüfung der Rechtslage auf dem Boden des Bürgerlichen
Gesetzbuchs bedarf es auch nicht aus dem Gesichtspunkte, daß in erster
Reihe stets das Reichsrecht, soweit aus ihm eine Entscheidung ent-
*) «gl. jetzt RGZ. 58, 130.

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