Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 49 (1905))

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Einzelne Rechtsfälle.

Die hiergegen eingelegte Beschwerde ist nicht begründet. Über
die Art und Weise, wie eine einstweilige Verfügung, die auf Heraus-
gabe eines Kindes oder einer anderen unselbständigen Person lautet,
zur Vollstreckung zu bringen sei, sind in der Zivilprozeßordnung be-
sondere Bestinlmungen nicht getroffen. Zm Wege der Zustizverwaltung
ist das Verfahren in mehreren Staaten geordnet und zwar dahin,
daß unter entsprechender Anwendung derjenigen Vorschriften zu ver-
fahren sei, welche für die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der
Herausgabe beweglicher Sachen erteilt seien. So ist das Verfahren
geregelt für Preußen im § 81 der Geschäftsanweisung für die Ge-
richtsvollzieher vom I. Dezember 1899 (ZMABl. 674); für Württem-
berg in dessen Dienstweisung für die Gerichtsvollzieher vorn 30. Ok-
tober 1899 (JMBl. 318) § 118 und insbesondere auch für Hamburg
im § 84 feiner Instruktion für das Gerichtsvollzieheramt vom
1. Zanuar I960 (GS. 2, 73). Die jenen Vorschriften zu
gründe liegende Ansicht steht mit einer bei Beratung der Zivilprozeß-
ordnung von dem Regierungskommissar gegebenen Erklärung (Kom-
missionsbericht 441; Hahn, Mat. (2) 861) im Einklänge; sie wird in
der Literatur überwiegend vertreten (vgl. Planck, Lehrbuch 2, 780;
Wach, Handbuch I, 275 Anm. 14; Fitting, Zivilprozeßrecht § 122
Nr. 1; Franke, Offenbarungseid 3, 4) und ist in der Rechtsprechung
von den Oberlandesgerichten zu Frankfurt a. M. und zu Hamburg
befolgt worden (vgl. SeuffA. 46 Nr. 152). Allerdings
fehlt es nicht an Widerspruch, insbesondere findet sich die Ansicht,
daß die Bestimmung des § 888 Abs. 1 ZPO. entweder stets (vgl.
Schmidt, Lehrbuch 591; Köhler ArchCivPrax. 80, 245; an-
scheinend auch Oberlandesgericht Stuttgart in SeuffA. 38,
Nr. 289) oder doch dann Platz greife, wenn die einstweilige Verfügung
dahin ergangen sei, daß der Antragsgegner dem Antragsteller die
Person zuführen solle (vgl. Gaupp-Stein ZPO. (4) 2 § 883, III).
Wäre die letztere Ansicht zutreffend, so müßte der Beschwerde
stattgegeben werden, denn beantragt wird die Abänderung des an-
gefochtenen Beschluffes dahin, daß der Klägerin bei Vermeidung von
Haststrafe aufgegeben werde, das Kind dem Beklagten auszuliefern,
und dieser Antrag würde sehr wohl gestatten, die ursprüglich bean-
tragte einstweilige Verfügung dahin aufzufassen, daß Klägerin das
Kind dem Beklagten zuzuführen habe. Aber auch bei solcher Aus-
legung des Antrags wäre dem Verlangen des Beklagten auf An-
drohung von Haft nicht zu entsprechen, weil dann der § 888 ZPO.

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