Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 17 = N.F. Jg. 2 (1873))

17.16. Unstatthaftigkeit des Einwandes der Handlungsunfähigkeit des Erblassers gegen ein gerichtliches Testament, bei dessen Aufnahme die Gerichtspersonen den Verstandesmangel des Testators nicht wahrgenommen haben

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Uebrigens sind auch die die Kritik begründenden Sätze nicht ganz
scharf. Allerdings hat eine Nachlaßregulirung dem Testamente gemäß
Statt gefunden, insofern der Pflichttheilsberechtigte eben nur den Pslicht-
theil erhalten hat, bei dessen Ermittelung aber in verschiedenen Stücken
vom Testamente abzuweichen war. Anh.-§ 164 verlangt jedoch gar
keine Nachlaßregulirung nach dem Testamente, um anwendbar zu sein.
Er handelt vielmehr davon, wann der im Pflichttheil eingesetzte Erbe
Subhastation des Nachlaßgrundstücks verlangen könne, und wann er sich
mit der Taxation begnügen müsse.
Geht man auf die Auffassung der Pflichttheilslehre, welche zur
Zeit die Wissenschaft beherrscht, zurück (vgl. Förster, Theorie und
Praxis Bd. 4 S. 50 fg., Gruchot, Erbrecht Bd. III S. 204 fg.),
so gilt zwar nach den Meisten der Pflichttheilserbe als Erbe und nicht
als ein blos Forderungsberechtigter (Förster, S. 58), allein die eine
wie die andere Auffassung vermögen nicht, das Urtel zweiter Instanz
zu stützen.
Ist Kläger ein Forderungsbercchtigter, so sind die von ihm ver-
wendeten Kosten nur ausgegeben, um seine Forderung im Quantum
festzustellen, — dann hat er also von den Verpflichteten dafür Nichts
zu beanspruchen. Ist er Miterbe, so muß er doch mindestens antheilig
zu den Kosten der Auseinandersetzung beitragen, und kann nicht, wie
der zweite Richter will, den Erbtheil uneingeschränkt, d. h. ohne einen
Kosten-Antheil zu tragen, fordern.

Nr. 78.
Anstatthastigkeit des Cinwandes der Handlungsunfähigkeit des Erb-
tasters gegen ein gerichtliches Testament, bei dessen Aufnahme die
Gerichtspersonen den Verstandesmangel des Testators nicht
wahrgenommen haben.*)
Mitgetheilt von dem Herrn vr. Bohlmann, Rechtsanwalt am K. Ober-
Tribunal zu Berlin.

Erkenntniß des Ober-Tribunals zu Berlin (I. Senat) vom 24. Ja-
nuar 1873 in Sachen der Eheleute Friedrich Renner wider die Wittwe
Iaffke und Genossen:

*) Vgl. Gruchot, Preußisches Erbrecht Bd. I S. 339 f.

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