Volltext: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 17 = N.F. Jg. 2 (1873))

13.18. Unzulässigkeit der Erörterung über die Erheblichkeit eines in die Eidesnorm aufgenommenen Satzes im Purifikations-Verfahren

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Richter zu übende religiöse Duldung, und keineswegs darf in dem Er-
fordern, daß der schwörende Jude gleich den Christen unbedeckten HaupteS
vor dem Richter stehe, eine Unduldsamkeit, der Versuch einer Be-
schränkung der Religionsfreiheit gefunden werden; es wird vielmehr
lediglich verlangt, daß eine unbedingte Unterordnung unter die gleichen
Gesetze des Staates stattfinde und wird dem entgegengetreten, daß unter
Berufung auf die Religion eine Abweichung von den Landesgesetzen
beansprucht und gewährt werden dürfe.
Konnte hienach dem Ansinnen des Klägers nicht Folge gegeben
werden, lehnte der Kläger die Eidesleistung sodann ab, so ergiebt sich
die vom Verklagten eingewendete Tilgung der eingeklagten Forderung
als erwiesen und im Zusammenhang damit die Abweisung.

Ur. 61.
IliyulWgkeit der Erörterung über die Erheblichkeit eines in die
Eidesnorm aufgenommenen Satzes im Purifikations-Verfahren.

Crkenntniß des Ober-Tribunals zu Berlin vom 29. November 1872
(UI. Senat) in Sachen des Kaspar Bergrath wider Bernhard Dahl-
mann: Die Frage:
ob ein Satz der Eidesnorm für die Entscheidung erheblich sei,
oder nicht,
mußte im Verfahren des Hauptprozesses zur Erörterung gebracht und
entschieden werden. Erachtete der Implorant einen Theil des Eides für
entbehrlich oder unzutreffend, so mußte er den Inslanzenzug gegen das
Crkenntniß beschreiten, welches den Eid auferlegte. Im Purifikations-
verfahren kann eine Erörterung und Entscheidung über diese Frage
nicht eintreten. Dies würde gerade den Grundsätzen über die Rechts-
kraft richterlicher Urtheile widerstreiten. Der Angriff des Imploranten
läuft aber in Wahrheit daraus hinaus, den Satz aus der Eidesnorm,
welchen zu schwören er abgelehnt hat, für unerheblich zu erklären, nach-
dem das rechtskräftige Crkenntniß bereits im entgegengesetzten Sinne
entschieden hat.
Wenn man auch für die Frage der Purifikation die Interpretation
des Tenors des den Eid auserlegenden Erkenntnisses aus dessen Gründen
gestatten, also in der äußersten Konsequenz die Abnahme eines nicht
wortgetreu mit der festgesetzten Norm übereinstimmenden Eides zulassen
Beiträge. XVII. (N. F. II.) Jahrg. 4. Heft. 40

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