Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 17 = N.F. Jg. 2 (1873))

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Natur eines Darlehns annehme, daß vielmehr, ungeachtet jener wahr-
heitswidrigen Bezeichnung, auf dasjenige Rechtsgeschäft, aus welchem
die Verbindlichkeit in der That entstanden ist, bei der Beurtheilung des
aus demselben hervorgegangenen Rechtsstreits zurückgegangen werden
soll. Von einem Falle, wie ihn hiernach der § 867 zu seiner Anwend-
barkeit voraussetzt, ist aber der hier vorliegende, wie ihn der Appella-
tionsrichter selbst seiner Entscheiduug zum Grunde legt, wesentlich ver-
schieden. Denn, nachdem der Richter angeführt, daß der Verklagte in
zweiter Instanz geltend gemacht habe, der Schuldschein vom 1. Oktober
1863 enthalte einen neuen Rechtsgrund, eine neue causa civilis obli-
gandi, erkennt er durch seine vorerwähnte Argumentation:
daß die Natur der neuen Schuld durch den Inhalt des Schuld-
scheins nicht geändert werde, dieselbe gleich der alten der kurzen
Verjährung von zwei Jahren unterworfen sei,
an, daß die Kontrahenten die Substituirung einer neuen Schuld an
Stelle der alten unter sich vereinbart hätten. Zn Folge dieses An-
erkenntnisses durfte er seiner Entscheidung nicht den auf ein derartiges
Sachverhältniß nicht bezüglichen § 867 zum Grunde legen; er hatte
vielmehr zu prüfen, ob durch jene Vereinbarung der Parteien materiell
eine Aushebung der früheren Kaufgelderschuld des Verklagten eingetreten
und an Stelle derselben eine Darlehnsschuld desselben erzeugt worden sei.
In Uebereinstimmung hiermit sagt Bornemann, Systemat. Dar-
stellung des Preuß. Civilrechts (2. Ausg.) Bd. III S. 182 in Bezug
auf den cit. § 867:
Wenn eine wirkliche Novation stattgefunden habe, z. B. dem
Bevollmächtigten oder Depositar das eingezogene resp. deponirte
Geld als Darlehn belassen sei, könne nicht mehr auf die Natur
des ursprünglichen Geschäfts zurückgegangen werden.
Auch ist bereits in dem S. 161 Bd. 67 des Striethorst'schen
Archivs abgedruckten Ober-Tribunals-Urtel vom 30. April 1867 aus-
gesprochen, daß jener § 867 eine gültig vollzogene Novation nicht aus-
schließe. ,
Das angefochtene Appellations-Urtel unterliegt daher wegen An-
wendung dieses Paragraphen auf einen Fall, für welchen er nicht paßt,
der Vernichtung.
In der Sache selbst kann eine definitive Entscheidung noch nicht
ergehen.
In der dem Prozesse zum Grunde liegenden Urkunde vom 1. Ok-
tober 1863 erkennt Verklagter an, dem Kläger für käuflich erhaltene
Cigarren und Tabake 257 Thlr. schuldig zu sein, erklärt, daß Kläger

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