Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 26 = 3.F. Jg. 6 (1882))

890

m

Einzelne Rechtsfälle.

die Herstellung einer in einem gewiffen Hause anzubringenden, spe-
ziell für einen gewiffen Ort bestimmten Anlage handelt. Ist aber
die Bestimmung des Erfüllungsortes Sache der thatsächlichen Fest-
stellung, so kann nicht erst in der Revisionsinstanz behauptet, nach-
gewiesen und festgeftellt werden, daß nicht Berlin, deffen Recht vom
vorigen Richter zur Anwendung gebracht ist, sondern Weimar der
Erfüllungsort für die von den Beklagten übernommene Leistung sei.
Ueberhaupt kann die Rechtsregel nicht für richtig anerkannt
werden, welche dahin aufgestellt wird, daß für die Wirkung der
Verträge ohne Weiteres das Recht des Erfüllungsortes maßgebend
sei. Ueber diese sehr bestrittene Frage geben die preußischen Gesetze
keinen näheren Aufschluß, und dieselbe ist ebenso wie im gemeinen
Recht lediglich nach allgemeinen Grundsätzen zu beantworten. Jene
Regel als eine allgemein geltende zeigt sich bei lästigen Verträgen
unausführbar schon aus dem Grunde, daß sie in den geeigneten
Fällen zur Anwendung zweier verschiedenen örtlichen Rechte für ein
und daffelbe Vertragsverhältniß führt, je nachdem es sich um die
von dem einen oder die von dem andern Kontrahenten versprochene
Leistung handelt. Sie widerspricht aber auch einem fundamentalen
Grundsatz des Vertragsrechts, und dieser ergiebt vielmehr eine an-
dere Lösung der Streitfrage.
Die Verträge erhalten ihren Inhalt nur durch den überein-
stimmenden Willen der Kontrahirenden. Ihr Inhalt umfaßt ins-
besondere die Festsetzung der gegenseitig übernommenen Verpflich-
tungen, und wird bezüglich dieser Verpflichtungen nach geschlossenem
Vertrage durch dessen Interpretation, welche auf der Grundlage
eines bestimmten örtlichen Rechts erfolgt, gefunden und festgestellt.
Wegen dieses Einflusses auf den Inhalt der Verträge unterliegt die
Bestimmung des anznwendenden örtlichen Rechts ebenfalls und le-
diglich der Willensfreiheit der Kontrahenten, sie gehört zum Ver-
tragsinhalt und ist lediglich als Bestandtheil der Willenserklärungen
der Kontrahenten aufzufaffen. Eine Rechtsregel kann nicht die Stelle
einer vom Vertragswillen abhängigen Bestimmung einnehmen, und
stets kann es nur darauf ankommen, den Willen der kontrahirenden
Personen darüber zu erforschen, welchem örtlichen Recht sie die Be-
urtheilung der Wirkung des unter ihnen eingegangenen Rechtsver-
hältniffes haben unterwerfen wollen. Giebt hierfür lediglich der
übereinstimmende Privatwille den Ausschlag, so ist für die Rechts-
regel, daß der Erfüllungsort entscheide, kein Raum. Im einzelnen

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer