Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 16 = N.F. Jg. 1 (1872))

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als brauchbares Element in die neu zu gründende Staatsordnung einzufügen.
Der dritte Abschnitt (S. 46) schildert Brandenburg-Preußen als modernen
Staat auf absolut-monarchischer Grundlage (1640 bis 1806). Friedrich
Wilhelm der große Kurfürst gründet das preußische Staatswesen. „Der
Landesherr konnte," wie der Verfasser bemerkt, „nur allein den festen
Krystallisationspunkt des werdenden Staats bilden; der staatsrechtliche Neu-
bau konnte nur auf monarchischer Grundlage erfolgen. Auf drei Dinge gründete
der Kurfürst sein neues System: auf Einheit in der Regierung, Ordnung in
den Finanzen und Organisation der Armee. Tie Gründung des Brandenburg-
Preußischen Staats ist das großartige Lebensresultat dieses genialen Herrschers.
Er ererbte bereits zahlreiche Territorien; den Staat schuf er aus eigener
Kraft. Nirgends ist der monarchische Absolutismus so schöpferisch gewesen,
wie im Staate Brandenburg-Preußen. Es liegt eine weite Kluft zwischen
diesem klar bewußten, staatlich organisirenden Absolutismus in Preußen und
der regellosen Despotenlaune anderer deutscher Fürsten damaliger Zeit, welche
in rauschenden Festen und zielloser Prunksucht den 14ten Ludwig kopirten.. .
Unter allen deutschen Ländern bat Brandenburg-Preußen zuerst die moderne
Staatsidee verwirklicht, zwar in absolutistischer Form, aber doch steht der
Staat über Allem, selbst der Monarch dient dem Staat. Dieses tiefe staat-
liche Pflichtgefühl bat der große Kurfürst zur Signatur des preußischen König-
thums erhoben."
Die Regierung des Königs Friedrich Wilhelm I. charakterisirt der
Versasier treffend: „An die Stelle des Hofprunks setzte er die strengste
Sparsamkeit; Geld und Soldaten galten ihm als die einzigen realen Macht-
mittel. Auf Ordnung der Finanzen und militärische Durchbildung der Armee
legte er den höchsten Werth. Er war es, der Preußen zuerst die Signatur
des Militärstaats in rauber, aber kraftvoller Einseitigkeit aufdrückte . . .
Es war ein Regiment militärischer Zucht und spartanischer Härte, ein Regiment
der Selbstherrlichkeit, welches von staatsbürgerlicher Freiheit, von Selbst-
verwaltung und ständischen Rechten Nichts wußte . . . Friedrich Wilhelm I.
hat den Staat mit der unermüdlichen Ausdauer des sorgsamen Hausvaters
in seinem Innern ausgebaut; er ist als der Organisator der Armee und der
gesammten innern Staatsverwaltung, besonders der Finanzen zu betrachten;
er bat damit das solide Fundament gelegt, auf welchem sein Nachfolger den
ererbten Staat zu einer europäischen Großmacht ersten Ranges erheben konnte."
„Dieser Nachfolger — Friedrich II. — hat aus einem Mittelstaate von
bescheidenem Umfange im Kampfe mit einem halben Welttheil eine Großmacht
geschaffen, welche eine Zeitlang das Gleichgewicht Europas in den Händen
gehalten hat; er hat die kriegstüchtigste Armee, die geordnetsten Finanzen,
den gefülltesten Staatsschatz hinterlaffen .... aber er wollte und konnte,
so sehr er diesen Mangel selbst empfand, keine volksthümlichen Einrichtungen
schaffen, welche der Nation eine aktive Theilnahme am Staatsleben zugesichert
hätten, er wollte und konnte keine staatlichen Organe Herstellen, welche eine
selbstständige Stellung neben dem Königthume eingenommen hätten.. . Sein
Staat erhob sich nie zu einem Organismus lebendig in einander wirkender
Glieder, sondern blieb ein Mechanismus, freilich der vollkommenste, den es je
gegeben. Die „Staatsmaschine" leistete das Höchste, so lange der große
Werkmeister das künstliche Räderwerk in Ordnung und alle Fäden in seiner

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