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Werthe der Sache entspricht. Dies scheint die Folgerung zu recht-
fertigen, daß der Käufer außer dem Preise für die abgetretene Sache
nichts zu bezahlen habe und jeden Dritten mit seinen auf die Sache
bezüglichen Ansprüchen an den Verkäufer verweisen könne, dem es ob-
liege, dafür mit dem Preise an Stelle der abgetretenen Sache aufzu-
kommen. In der That ist es ein allgemein anerkannter Rechtsgrundsatz,
daß in Betreff aller dinglichen Rechte an der expropriirten Sache der
Preis an die Stelle derselben tritt, und so weit der Berechtigte für
den Verlust eines solchen unausübbar gewordenen Rechtes zu ent-
schädigen ist, die Entschädigung aus dem Preise zu erhalten hat. Der
Verkäufer wird dadurch nicht geschmälert, denn er besaß vorher die
Sache nur mit der ihren Werth mindernden Belastung und er erhält
das volle Aequivalent dessen, was er besaß, wenn er den dem Werthe
der Sache entsprechenden Preis nach Abzug des Werthes der Be-
lastung erhält. Es giebt aber Fälle, in denen mit diesen Grundsätzen
nicht auszukommen ist. Die Expropriation eines Grundstücks kann
nämlich auch solche Interessen schädigen, für welche ohne offenbare
Beeinträchtigung des Verkäufers ein Ersatz aus dem Preise nicht ent-
nommen werden kann. Hierher gehört insbesondere der Nachtheil,
welcher Pächtern und Miethern dadurch erwächst, daß die Expropriation
ihrem Pacht- oder Miethsrechte vor der vertragsmäßigen Beendigung
ein Ziel setzt. Der Eigenthümer erhält statt der bisher durch Ver-
miethung genutzten Sache Geld, dessen Nutzung ihn für den fortan
wegfallenden Miethszins entschädigt. Die Fortdauer des Miethsver-
hältnisses würde das Immobile nicht belastet, den Werth desselben nicht
geschmälert, im Gegentheil die Fortdauer des Ertrages desselben her-
beigesührt haben, der Eigenthümer erhält also bei der Enteignung der
Sache mit dem Werthe derselben nicht mehr als er vorher besaß, ins-
besondere kein Objekt, aus welchem er dem Miether für den demselben
aus dem vorzeitigen Aufhören des Miethsverhältnisses erwachsenden
Schaden auskommen könnte, ohne seinerseits Schaden zu leiden. Der
Miether würde somit für diesen Schaden keine Vergütung verlangen
können, wenn die Enteignung nichts weiter als ein Zwangsverkauf wäre,
der den kaufenden Unternehmer nur zur Bezahlung des nach dem
Werthe der Sache zu bestimmenden Kaufpreises verpflichtete. So wird
allerdings das Rechtsverhältniß vielfach aufgefaßt, und auch Förster
behandelt in seiner Theorie und Praxis des Preuß. Privatrechts Bd. 2
§ 131 den Zwangsverkauf als eine Spezies des Kaufes. Der Ge-
sichtspunkt der erzwungenen Veräußerung gegen Entgelt erschöpft aber
den Begriff und die Wirkungen der Expropriation nicht. Durch die