13.9.
Das Bundesgesetz betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften. Vom 11. Juni 1870. Aus den Materialien erläutert von Dr. W. Endemann, Professor und Ober-Appellationsgerichtsrath zu Jena. Berlin 1870. Verlag von Fr. Kortkampf
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eingeführt resp. bei Einführung des Rechtsmittels niedergelegt werden und der
Anwalt, welcher ein erfolglos bleibendes Rechtsmittel einlegt, sogar seiner Ge-
bühren bis auf ein Minimum (Vs oder Vio des tarifmäßigen Satzes) ver-
lustig gehen! Bei Objekten bis 200 Thlr. soll nur Rekurs wegen Verletzung
eines Rechtsgrundsatzes oder „wegen höchst mangelhafter Bearbeitung des
Prozesses" zulässig sein und im letztern Falle sollen dem mangelhaft arbeitenden
Richter die Kosten des Rekurs-Verfahrens ganz oder theilweise auferlegt werden
können (!). S. 49 befürwortet für das Gebiet des ganzen Deutschen Reichs
einen einzigen höchsten Gerichtshof, welcher aber nicht in mehrere Senate ge-
theilt sein dürfe; das Rechtsmittel gegen Appellations-Erkenntnisie soll nur
wegen Verletzung eines Rechtsgrundsatzes und wegen eines sehr hohen Objekts,
etwa 500 Thlr., gestattet sein. Gleichsam zur Bekräftigung seiner Ansichten
hat er eine im Jahre 1853 von dem Präsidenten vr. Götze erstattete gut-
achtliche Aeußerung abdrucken lassen, in welcher die Fragen erörtert werden,
worin hauptsächlich der Grund zu den Klagen der ländlichen Bevölkerung in
den östlichen Provinzen über die jetzige Justiz-Verwaltung liege und wie diesen
Klagen abzuhelfen sei? Herr vr. Götze erblickt in seinem Votum den Grund
jener Klagen in der jetzigen Gerichtsorganisation. Er sagt: „Das alte pa-
triarchalische, gute und offene Verhältniß zum Richter ist unmöglich geworden,
und der Bauernstand hat Gerichte bekommen, zu denen er das alte Vertrauen
nicht hat und nicht haben kann." Er beklagt auch die „schlechten theoretischen
Richtungen," welche den jungen Juristen in den Schulen und von den Pro-
fessoren eingevrägt würden, und will als Abhülfe wenigstens für das platte
Land stabile Justizamtmänner Herstellen, überzeugt sich aber, daß die sofortige
Einführung eines solchen Instituts in sämmtlichen alten Provinzen nicht
opportun sei; deshalb schlägt er vor, mit ihr nach und nach vorzugehen, etwa
mit zwei Provinzen: mit der Mark und Pommern — „wo die Patrimonial-
gerichte (!) noch in frischer Erinnerung sind" — zu beginnen. Es ist nicht
bekannt geworden, daß die Staatsregierung damals (nach 1853) diese reor-
ganisatorischen Vorschläge ernstlich in Erwägung gezogen habe; eben so wenig
scheinen die mit ihnen vielfach harmonirenden Vorschläge des Verfaffers der
oben angezeigten Schrift irgend welche Aussicht zu haben, bei dem großen
Werke der Gründung einer einheitlichen Prozeßgesetzgebung und Gerichts-Ver-
fassung Berücksichtigung und Gehör zu finden.
Hopf.
26.
Das Bundesgesetz betreffend die Kommanditgesellschaften aus Aktien und die Aktien-
gesellschaften. Bom 11. Juni 1870. Aus den Materialien erläutert von
1)r. W. Endemann, Professor und Ober-Appellationsgerichtsrath zu Jena.
Berlin 1870. Verlag von Fr. Kortkampf. 51 S. 8.
In dieser Ausgabe der bekannten Novelle zum Deutschen Handelsgesetz-
buche, durch welche die für die heutigen Zustände des wirthschaftlichen Lebens
überaus wichtigen Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien
von der staatlichen Genehmigung und Oberaufsicht befreit worden sind, sind
Beiträge. LVI. (N. F. I.) Jahrg. 4. Heft. 35