Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 16 = N.F. Jg. 1 (1872))

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„-Es kommt noch die Anwendbarkeit der §§ 615 und 616
I. 20 A. L. R. in Frage.
Den hierauf bezüglichen Ausführungen des Appellationsrichters kann
aber nicht beigepflichtet werden. Der Ansicht, daß die Paragraphen sich
nur auf nothwendige Subhastationen beziehen, steht zunächst der Wort-
laut derselben nicht zur Seite. Es heißt dort:
Z 615. Bei gerichtlichen Verkäufen muß der anstehende
Bietungstermin dem Berechtigten auf vorstehende Art (§ 611—614)
besonders bekannt gemacht werden.
§ 616. In diesem Fall muß der Berechtigte seine Erklärung:
ob er die Sache für das darauf gefallene höchste Gebot übernehmen
wolle, im Bietungstermine selbst, bei Verlust seines Rechtes abgeben.
Der Ausdruck „gerichtlicher Verkauf" ist aber in der Gesetz-
gebungssprache des Landrechts und der Gerichts-Ordnung keineswegs
auf den Fall des nothwendigen gerichtlichen Verkaufs, oder so weit es
sich um Grundstücke handelt, auf den Fall der nothwendigen Sub-
hastation beschränkt.
Im Landrecht handelt ein besonderer Unterabschnitt des 11. Titels
im I. Theil (§§ 340—362) unter dem Marginal: „Von gerichtlichen
Verkäufen" von dieser Materie, und zwar sowohl von nothwendigen
als von freiwilligen gerichtlichen Verkäufen. Beide Arten werden in den
für sie gemeinschaftlich geltenden Vorschriften (§§ 340—345) mit dem
Ausdruck „gerichtlicher Verkauf" zusammengefaßt, wie dies schon im
Marginal geschehen, während in den nur für die nothwendigen gericht-
lichen Verkäufe bestimmten Vorschriften das Beiwort „nothwendig" nie-
mals fehlt (§§ 341, 342, 344, 346 ff. 349 ff.).
Die Allgemeine Gerichts-Ordnung widmet dem gerichtlichen Verkauf
von Grundstücken, Gerechtigkeiten rc., oder der Subhastation, einen be-
sonderen Titel, Th. 1 Tit. 52, und faßt auch hier beide Arten des ge-
richtlichen Verkaufs zusammen, indem § 1 die Definition des ihnen
gemeinsamen Begriffes der Subhastation giebt, § 2 die Subhastation
in nothwendige und freiwillige eintheilt und dann der erste Abschnitt
von der nothwendigen, der zweite von der freiwilligen Subhastation handelt.
Nach dieser Terminologie bedürfte es besonders zwingender Gründe,
um anzunehmen, daß mit dem im § 615 Th. I Tit. 20 A. L. R.'s
gebrauchten Ausdruck „bei gerichtlichen Verkäufen" nur nothwendige,
nicht auch freiwillige gemeint seien, und an solchen Gründen fehlt es.
Der Appellationsrichter weist nur darauf hin, daß der durch frei-
willige Subhastation zu Stande gekommene Verkauf sich in seinem
Wesen von einem gerichtlich aufgenommenen Kaufkontrakte nicht unter-
scheide, und erklärt deshalb seine beschränkende Interpretation für zweifellos.

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