Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 16 = N.F. Jg. 1 (1872))

12.2. Prozessualische Bedeutung des Sachverständigen-Beweises im deutschen Civilprozeß : Rechtsfall nebst Bemerkungen

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Das vorstehend mitgetheilte Erkenntniß erster Instanz ist in Rechts-
kraft getreten, da die vom Kläger dagegen eingelegte Appellation zu
spät gerechtfertigt worden ist.

Nr. 41.
Der Fppellalionsrichter verkennt die prozessualische Sedentung -es
Sachverständigen-Leweises im deutschen Livilprozeß, wenn er da, wo
die Sachverständigen des Klägers die Größe des Schadens angeben,
die Gcgensachverständigen des Verklagten aber aussagen: es fei gar
kein Schaden geschehen, bei gleicher Glaubwürdigkeit der
beiderseitigen Sachverständigen die Frage:
ob überhaupt ein Schaden bewiesen worden?
verneint, ohne auf den materiellen Inhalt der stch widersprechenden
Gutachten einzugehen und ohne sich ans den von den Parteien noch
sonst angebotenen Servers einzulasten.
Rechtsfall nebst Bemerkungen,
mitgetheilt von dem Herrn Appellationsgerichts-Rath Scheele in Ehrenbreitstein.

Zum Zwecke des Baues der rechtsrheinischen Eisenbahn wurden
dem Severin und dem Wilhelm Engels zu Enpel sowie dem Johann
Engels zu Casbach aus dem ihnen eigenthümlich gehörigen, in der Ge-
markung Enpel Flur 5 Nr. 709—715 belegenen Weinbergs - Komplex
von 355 Ruthen Flächengehalt Seitens der rheinischen Eisenbahn-Ge-
sellschaft 87 Ruthen 60 Fuß im November 1868 expropriirt.
Die Expropriaten erhielten für ihr Trennstück im Administrativ-Ver-
fahren an Grund- und Bodenwerth 1007 Thlr. 12 Sgr. gezahlt.
Diese Entschädigung hielten sie für zu niedrig. Sie behaupteten,
das Restweinbergsstück hätte als Weinberg einen Minderwerth von
400 Thlrn. erlitten und richteten ihren Klageantrag aus Zahlung dieser
Summe nebst Zinsen.
Nach Widerspruch der verklagten Gesellschaft und nach Aufnahme
des Sachverständigen-Beweises sprach das Königliche Kreisgericht zu
Neuwied in dem Urtel vom 28. Februar 1870 unter Abweisung der
Mehrforderung den Klägern als Minderwerth des Reststückes 133 Thlr.
21 Sgr. nebst Zinsen zu.

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