11.3.
Entscheidungen des Oberhandelsgerichts in Versicherungsstreitigkeiten
Beurtheilt von Dr. Harries, Stadtgerichtsrath in Berlin
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Entscheidungen des Oberhandelsgerichts in Verstcherungskreitigkeiten.
Beurtheilt von Dr. Harries, Stadtgerichtsrach in Berlin.
Dem ersten, eine Bersicherungsstreitigkeit betreffenden Urtel des
Oberhandelsgerichts vom 13. December 1870 sind von St ege mann
folgende Grundsätze entnommen:
I. Bei Feuerversicherungen ist die getroffene Vereinbarung, insbe-
sondere die Police, maßgebend für die Bcurtheilnug, auf welche Auf-
bewahrungsräume der versicherten Mobilien die Versicherung sich erstreckt.
II. Im Einzelfalle ist hierbei nach Rücksichten der Billigkeit und
des guten Glaubens die Intention der Parteien zu erforschen, namentlich
aber zu berücksichtigen, ob und in wie weit der Aufbewahrungsort auf
den Entschluß des Versicherers, die vorliegende Versicherung zu über-
nehmen, von wesentlichem Einfluß gewesen ist.
III. In gleicher Weise regelt sich die Anzeigepflicht des Versicherten,
falls während der Vcrsicherungsdauer die versicherten Gegenstände in
andere Räume gebracht werden.
Um diese Entscheidung genügend zu würdigen, bedarf cs eines
kurzen Rückblicks auf die Gerichtspraxiö in Rechtsstreitigkeitcn über Ver-
sicherungen, und sodann auf die Ratur des Versicherungswesens. Denn,
wie kommt cs, wird jeder Unbefangene fragen, daß es nothweudig ist,
als besonderen Rechtsgrundsatz hervorzuheben, daß Versicherungsverträge
wie andere Verträge für die Beurtheilung der dadurch begründeten
Rechtsverhältnisse maßgebend sind, und wie kommt es weiter, daß diese
Verträge im einzelnen Fall nach Rücksichten der Billigkeit und des
guten Glaubens ihre Auslegung finden sollen, ohne daß die nach allge-
meinen Regeln von der Auslegung gebotene Beschränkung, falls der
Vertrag zweifelhaft gefaßt ist, Anwendung finden soll- —
Es muß doch eine eigenthümliche Entscheidung in zweiter Inslau;
jenem Urtel des Oberhandelsgerichts voraufgegangeu sein, indem es
Veranlassung gab, den ersten Rechtssatz zu verkündigen, und es müssen
doch eigenthümliche Ansichten über das Versicherungsweseu herrschen,
wenn das Oberhandelsgericht sich veranlaßt sah, an den ersten Rechtssatz
den zweiten anzuknüpfen, da derselbe in dieser Allgemeinheit die Trag-
weite des ersten Rechtssatzes sehr schwankend macht. —