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Wort venatio in Verbindung mit den, den Vogel- und den Fischfang
bezeichnenden Ausdrücken aucupium und piscatio gebraucht, denen die
Römer lediglich die subjektive Bedeutung der Thätigkeit des Fischens
und Vogelfangens beilegen. Es wird dort ferner von der Jagd im
Zusammenhänge mit den sie ausübenden Jagdsklaven gesprochen. Der
sachlichen Eigenschaft der Sklaven wegen erhält aber die Jagd, auch
wenn wir darunter nichts anderes als die Handlung des Jagens ver-
stehen, gewissermaßen selbst einen objektiven Charakter.
Abgesehen von den dagegen sprechenden, unten zu erörternden
juristischen Momenten bleibt cs demnach schon allein vom sprachlichen
Gesichtspunkte aus unerweislich, daß das Wort venatio von den römischen
Juristen, deren Schriften in das corpus juris Aufnahme gefunden haben,
in einem andern Sinne als dem angegebenen rein subjektiven verstanden
worden ist. Um nun den juristischen Begriff fcstzustellen, welchen die
Römer mit der Jagd und der Befugniß zu derselben verbinden, muß
man sich die Frage vorlegen: haben sie dem Jagdberechtigtcn ein Recht
von der Bedeutung zugeschrieben, daß derjenige, welcher nicht zur Jagd
befugt war, allein schon durch die Occupatiori einer Rechtsverletzung
sich schuldig machte? Nehmen wir folgendes Beispiel:
Jemand, der aus irgend einem Grunde zum Betreten eines fremden
Grundstücks berechtigt ist, findet ein todtes Wild und nimmt es in
Besitz. Welches Recht verletzt er nach der Ansicht der römischen Ju-
risten? Ein Eingriff in das Eigenthum am Grund und Boden, wenn
wir diesen zunächst allein in's Auge fassen, liegt nicht vor, denn er ist
zum Betreten dessen berechtigt. Das Jagdrecht, wenn wir uns dies
auf das Recht zur Vornahme der jägerischen Handlungen beschränkt
denken,* *) hat er gleichfalls nicht beeinträchtigt, denn er selbst hat
ja gar nicht gejagt. Es bleibt also nur noch die Frage übrig, ob
er ein Recht des Grundbesitzers bezüglich des Wildes, das sich
innerhalb der Grenzen des Letzteren befindet, durch die Besitzergreifung
ist. Desgleichen wird die hier erwähnte Ansicht des Cassius hinsichtlich
der Vögel in 1. 11 D. ibid. (libro II ad Cassium) von Javolenus in der
Weise präcisirt, daß er unter dem instrumentum fundi nur solche Vögel begreift,
welche auf Inseln im Meere von Menschen unterhalten werden. Mithin ist
auch hier wohl nur an gezähmtes Vogelwild zu denken.
*) Diese engere Bedeutung hat z. B. nach preußischem Recht die Befuguiß zum
Jagen wilder, nicht jagdbarer Thiere. Es steht diese, ohne daß ihm deshalb
ein ausschließliches Occupationsrecht an ihnen zugeschrieben wird, nur dem
Jagdberechtigten zu. §§ 34, 85 A. L. R. II. 16. Vergl. Dalke, Preuß.
Jagdrecht S. 17.