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führt deutlich darauf hin, in den §§ 454 und 456 auch das Ver-
hältniß des Erbschaftskäufers zu den übrigen Miterben geordnet zu
sehen, worüber sonst — auffälliger Weise — gar keine Bestimmungen
vorhanden sein würden, während es doch in der That sehr nahe ge-
legen haben dürfte, sonst auch hierüber besondere Anordnungen zu treffen.
Ohne zutreffenden Grund beruft die Jmplorantin sich für ihre Auf-
fassung aus den § 462:
„Das Recht der Erbschaftsgläubiger und Legatarien wird durch
den Verkauf der Erbschaft nicht geändert."
und den § 463:
„Es steht denselben frei, sich ihrer Befriedigung halber an den
Käufer der Erbschaft, oder an den Erben selbst zu halten."
Die Vorschrift des § 462 ist nur ein Ausfluß und eine spezielle
Anwendung des allgemeinen Grundsatzes, daß Verträge nur unter den
Kontrahenten selbst Rechte und Pflichten erzeugen, daß aber durch die-
selben wohl erworbene Rechte Dritter niemals ohne Weiteres beein-
trächtigt werden können; wie denn auf diese Weise namentlich dem
Gläubiger, ohne seine Einwilligung, statt des ursprünglichen Schuldners
nicht wohl willkürlich ein anderer Schuldner obtrudirt werden darf.
Es ist damit nur dasselbe Prinzip zur Geltung gebracht, welches in
Beziehung auf die Auseinandersetzung geschiedener Ehegatten, welche in
Gütergemeinschaft gelebt haben, der § 757 Th. II Tit. 1 des Allgem.
Landrechts dahin ausspricht:
„Doch werden durch diese Auseinandersetzung die Rechte der
Gläubiger in Ansehung des gemeinschaftlich gewesenen Vermögens
in nichts geändert."
Die erste Alternative des § 463: daß den Gläubigern freistehe,
sich ihrer Befriedigung halber an den Käufer der Erbschaft zu halten,
bestätigt aber vielmehr die hier vertheidigte Auffassung des § 456 in-
direkt insofern, als der juristische Grund zu einer solchen Berechtigung
der Gläubiger eben nur darin gefunden werden kann, daß bei einem
wirklichen Erbschaftskaufe der Käufer, mit welchem die Gläubiger an
sich und sonst in gar keinem Rechtsverhältnisse stehen würden, wie in
alle Rechte, so auch in alle Pflichten des Erben tritt.
Der § 64 Th. I Tit. 17 des Allgem. Landrechts ermächtigt einen
Miterben zwar, sein Miteigenthum auch an einen Fremden abzutreten,
doch haben zufolge des § 65 auch in diesem Falle die übrigen In-
teressenten das Vorkaufsrecht nach den §§ 61 und 62 enthaltenen Be-
stimmungen und in dem diesseitigen Präjudikate vom 31. October 1856
Entsch. Bd. 34 S. 146 (vgl. auch Archiv für Rechtsfälle Bd. 75 S. 127)