Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 16 = N.F. Jg. 1 (1872))

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demnach Verklagte schuldig, von der Einforderung des Werth-
stempels von 2860 Thlr. 20 Sgr. Abstand zu nehmen und
denselben, soweit er inzwischen von den Klägern bezahlt ist, zu-
rückzuzahlen.
Gegen das Appellationsurtel hat die Verklagte zwar noch die
Nichtigkeitsbeschwerde eingelegt, ihre Beschwerden erschienen jedoch nicht
begründet.
Die Kläger gehören nicht unmittelbar zu den Testamentserben der
Gutsbesitzer Schlemmerischen Eheleute; sie haben aber die Erbrechte
einer großen Anzahl dieser Erben mittelst verschiedener Erbschaftskäufe
an sich gebracht. Es srägt sich nun zunächst, ob sie dessenungeachtet
die Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 21. Juni 1844 (Ges.-Samml. 1844
S. 253), welche, soweit deren Inhalt hier interessirt, dahin lautet:
„Da der gesteigerte Ertrag der Stempelsteuer eine Erleichterung
der Erbschaftstheilungen gestattet, so bestimme Ich — unter Auf-
hebung der Ordre vom 24. December 1834 — (Ges.-Samml. 1835
S. 3), daß Kauf- und Tauschverhandlungen, welche zwischen den
Theilnehmern an einer Erbschaft zum Zwecke der Theilung der zu
letzterer gehörigen Gegenstände abgeschlossen werden, einer Stempel-
abgabe fortan nicht mehr unterliegen sollen."
für sich in Anspruch nehmen können? Der Appellationsrichter sieht dies
bei der Bestimmung des § 456 Th. I Tit. 11 des Allg. Landrechts,
welcher aus dem § 454:
„Bei einem wirklichen Erbschaftskaufe tritt der Käufer in alle
Rechte und Pflichten des Erben."
die weitere Consequenz zieht:
„Die Sache wird daher so genommen, als wenn die Erbschaft
sogleich dem Käufer, und nicht dem Verkäufer angefallen wäre."
für unzweifelhaft an. Die Nichtigkeitsbeschwerde dagegen will unter
den in der Allerhöchsten Kabinets-Ordre vom 21. Juni 1844 erwähnten
„Theilnehmern an einer Erbschaft" nur die wirklichen Erben verstehen
und wirft deshalb dem Appellationsrichter vor:
er gebe dem § 456 a. a. O. eine zu weit greifende Bedeutung
und verletze die gedachte Kabinets-Ordre vom 21. Juni 1844.
Dieser Vorwurf ist indessen nicht gerechtfertigt.
Schon in dem ursprünglichen § 10 des Stempelsteuergesetzes vom
7. März 1822 wird von Kauf- und Tauschverhandlungen zwischen
„Theilnehmern bei einer Erbschaft"
gesprochen. Dieser § 10 ward freilich durch die Allerhöchste Kabinets-
Ordre vom 24. Dezember 1834 aufgehoben, welche den zu entrichtenden

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