Ablieferung der gekauften Waare.
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und sie dann durch Telegramm und Brief vom 2. April zur Ver-
fügung gestellt habe. Nach Annahme des Berufungsgerichts ist die
Klägerin auch in der Lage gewesen, die Waare durch Umpacken der
Ladung einer eingehenderen Prüfung zu unterwerfen.
Die Revision der Klägerin hält zunächst den Begriff der Ab-
lieferung ini Sinne des Art. 347 für verkannt. Unter Berufung
auf die Entscheidung des Reichsgerichts in Bd. V S. 31 behauptet
sie, daß die erste Voraussetzung für die Ablieferung Aufgabe der
Gewahrsam seitens des Verkäufers sei; die telephonische Mittheilung
von der Ankunft der Waare sei höchstens die Erklärung der Bereit-
willigkeit zum künftigen Aufgeben der Gewahrsam durch Aushändigung
an den Empfänger, keineswegs aber schon die thatsächliche Aufgabe
der Gewahrsam; auch die Verpflichtung der Bahn zur Aushändigung
der Waare an den bezeichneten Empfänger mache die Mittheilung
der Ankunft nicht zu dem thatsächlichen Akte des Aufgebens der
Gewahrsam. Die Rüge kann jedoch nicht für begründet erachtet
werden.
Für den Begriff der Ablieferung im Sinne des Art. 347 ist
nach der Rechtsprechung des Reichsoberhandelsgerichts wie des Reichs-
gerichts davon ailszugehen, daß Ablieferung derjenige Akt des Ver-
käufers ist, der dem Käufer die thatsächliche Möglichkeit giebt, über
die Waare zu verfügen und sie zu untersuchen. Liegt ein solcher
Akt vor und verweigert der Käufer nicht von vorne herein die An-
nahme, so ist die Waare als abgeliefert anzusehen, auch wenn der
Käufer von der ihm gewährten Möglichkeit keinen Gebrauch macht.
(Vergl. Entsch. des R.Ob.H.G. Bd. III S. 392 und Bd. VI S. 167.)
Nun hat die Eisenbahnverwaltung nach Ankunft der Waare,
deren Abfuhr durch bahnseitig angestellte Rollfuhrleute nicht erfolgt,
der Klägerin die Ankunft mitgetheilt, auch der Klägerin die Be-
sichtigung gestattet. Andererseits hat die Klägerin nicht sofort auf
die Benachrichtigung die Abnahme verweigert, die Waare vielmehr
einer gewissen Untersuchung unterzogen und dann erst zurückgewiesen.
Bei solcher Sachlage muß die Waare schon mit der Benachrichtigung
der Klägerin als abgeliefert und damit die Rügepflicht aus Art. 347
als eingetreten angesehen werden; denn mit der Benachrichtigung
war die Waare der Klägerin zur Verfügung gestellt und die Klägerin
hatte die Erklärung der Bahn nicht zurückgewiesen. Jedenfalls aber
war die Waare abgeliefert, als die Klägerin sie unter Gestattung
der Bahnverwaltung einer Besichtigung unterwarf, sich auch in der