Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 43 = 6.F. Jg. 3 (1899))

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Giiqelne Rechtsfälle.

Gesetze eingetreten ist, nichts geändert. Dmn auch einer Versteuerung
mit Rücksicht auf die Erhöhung des Kapitals würden nur die
Urkunden unterliegen, sodaß es allein entscheidend ist, ob zur Zeit
des Inkrafttretens des Gesetzes vom 7. März 1822 nach den bis
dahin bestandenen Verfaffungen von den Urkunden noch ein
Stempel erfordert werden konnte. Ebenso bietet, wovon der Be-
rufungsrichter gleichfalls zutreffend ausgegangen ist, das Gesetz vom
31. Juli 1895 für die Forderung des Beklagten keine rechtliche
Grundlage. Denn nach § 34 desselben findet auf diejenigen
Urkunden, die vor dem Tage des Inkrafttretens des Gesetzes, dem
1. April 1896, Stempelpflichtigkeit erlangt haben, die bisherigen
gesetzlichen Vorschriften Anwendung, und also kommen die Normen
des Gesetzes vom 7. März 1822 bezw. der Kabinetsordre vom
18. Juli 1845 in Betracht.
Es ergiebt sich hieraus die erhobene Steuerforderung als
hinfällig.
II. Von dem Beklagten ist event. geltend gemacht: der Anspruch
sei jedenfalls gerechtfertigt in Höhe von l 080 M., nämlich 3 pCt.
eines Kapitalsbetrages von 36 000 M.; dieses Kapital sei im
Jahre 1872 durch Familienschluß vom Kapitalstamme mit der Be-
stimmung abgezweigt, daß seine Erträgnisse den Wittwen und
Waisen der von der H.'schen Familie zufallen sollten, und da diese
Bestimmung den Rahmen der ursprünglichen Stiftung, die nur die
Unterstützung männlicher Familienmitglieder, die sich dem Studium
widmeten, bezweckt habe, überschritten, hätte sie sich als eine neue
stempelpflichtige Stiftung dargestellt.
Der Berufungsrichter hat den Anspruch auch insoweit für un-
begründet erachtet, indem er erwogen hat: der Zweck der Kabinets-
ordre vom 18. Juli 1845 bestehe darin, die Ausschließung von
Vermögen aus dem Verkehre mit einer Steuer zu belegen, und es
sei daher, soweit es sich um Fideikommisse oder Familienstiftungen
handle, die Umwandlung allodialen Eigenthums in Eigenthum einer
Familie durch eine Willenserklärung als der für die Beurtheilung
der Stempelpflicht entscheidende Akt anzusehen; der Familienschluß
vom Jahre 1872 habe aber allein eine den ursprünglichen Stiftungs-
zweck abändernde Verwendung eines Theils des Stiftungsvermögens
betroffen, ohne daß durch diese Abänderung bezweckt sei, weiteres
allodiales Vermögen aus dem Verkehre auszuschließen und in Eigen-
tum einer Familie zu verwandeln; in der abändernden Bestimmung

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