Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 25 = 3.F. Jg. 5 (1881))

9.12. Bekker, Ernst Im., Das Recht des Besitzes bei den Römern. Festausgabe an J. C. Bluntschli z. Doktor-Jubiläum

Ernst Im. Bekker, Das Recht des Besitzes bei den Römern. 497

exceptio vitiosae possessionis entgegensieht? Was bleibt hier in der
possessio für den Eigenthumsbegriff übrig? Soll man sich damit trösten,
daß nur Eigenthum nach ius gentium in Frage steht, bei dem es auf
größere oder geringere Mißgestalt nicht ankommt?
Ebenso zweifelhaft, wie der Anspruch des Verfassers, daS Räthsel deS
römischen Besitzschutzes endgültig gelöst zu haben, scheint mir seine Be-
rechtigung, das von ihm konstruirte Besitzrecht (S. 28, 29) als heutiges
deutsches Besitzrecht anzusprechen. Als das Besitzrecht des 17. und deS 18.
Jahrhunderts möchte es sich mit relativ besserem Rechte ansehen lasten.
Richtig ist ja auch, daß die auf dem Boden der Rechtsanschauung jener
Jahrhunderte erwachsenen Gesetzgebungen, das kreitmayrsche bayerische Land-
recht und das den Spuren Leysers folgende preußische Landrecht, jener Kon-
stmktion des Verfassers nicht widerstreben. Aber in der heutigen gemein-
rechtlichen Praxis möchte ein als dingliches Recht Dritten gegenüber wirk-
sames Besitzrecht des Pächters, Kommodatars, Depositars doch wohl nur
eine höchst kümmerliche Existenz führen, und von einem deutschen Gewohn-
heitsrechte, das den angegebenen Inhalt hätte, wird sich nicht sprechen lassen.
Ob zu erwarten ist, daß sich jenes Besitzrecht der Vergangenheit als Besitz-
recht der Zukunft enthüllen wird, darüber mag sich streiten lassen.
An den beigegebenen Gesetzentwurf scheint der Verfasser die letzte
bessernde Hand nicht gelegt zu haben. Der Entwurf wäre sonst ein Muster,
wie Gesetze nicht entworfen werden sollten. Statt einfacher Normen werden
uns wenig praktikable Lehrsätze vorgeführt.
Interessant und anregend ist die Arbeit immerhin. Ketzereien haben
ja meistens den Vorzug, interessant zu sein. Aber sie gebieten aller-
dings Vorsicht.
Leipzig im Februar 1881. E. Meischeider.

37.
Lrkkrr, Ernst Im. Vas Recht des Äesthes bei den Römern. Festausgabe
an I. C. Bluntschli z. Doktor-Jubiläum. Leipzig, Breitkopf und Härtel.
I. Tendenz, Methode, Anordnung.
Die neueste Arbeit über den Besitz von Ernst Immanuel Bekker hat
die Tendenz darzuthun, daß die römische Lehre vom Besitze eine durchaus
verunglückte, für das moderne Recht kaum verwendbare Schöpfung sei.
2. 352:
„Alles in Allem: Recht und Lehre von der possessio, wie die erhaltenen
Quellen diese auf uns gebracht, werden wir begreifen und dämm ver-
zeihen, aber nicht billigen und noch weniger festhalten dürfen."
2. 332:
„Wir müssen also annehmen, daß den römischen Juristen nicht bloß die
Rechtsformeln, sondern in der That die Rechtssätze selber gefehlt haben,
die zum Aufbau eines festen Besitzrechtes erforderlich gewesen wären."
Beiträge, XXV. (III. F. V.) Jahrg. L. u. 3. Heft. 32

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