Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 9 (1899))

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Literatur.

die Erklärung der Betheiligten enthalten; diese Erklärung müsse daher einen Theil des Pro-
tokolls selbst bilden, weshalb die Denkschrift irre, wenn sie die Beurkundung eines Rechts-
geschäftes in der Weise für zulässig erachte, daß die Betheiligten sich zu dem Inhalt einer
von ihnen überreichten oder ihnen vorgel'egten Urkunden bekennen. Hierbei ist der Abs. 2
übersehen, wo es heißt: „Wird in der Erklärung auf eine Schrift Bezug genommen und
diese dem Protokolle als Anlage beigefügt, so bildet sie einen Theil des Protokolles." Diese
Bestimmung läßt die Bemerkung der Denkschrift als durchaus zutreffend erscheinen. Denn
dadurch, daß die Betheiligten sich zu dem Inhalte der vorgelegten Schrift bekennen, wird das
Rechtsgeschäft, dessen Inhalt die Schrift bildet, zum Gegenstände der Verhandlung gemacht
und also mittels Beifügung der Schrift zum Protokolle gerichtlich beurkundet. Es kommt
dies auf das bei uns geltende Recht hinaus, nach dem das vor Gericht — oder vor dem
Notare — erfolgte Anerkenntniß einer privatschriftlichen Urkunde, d. i. die Anerkennung der
Urkunde nach Inhalt und Unterschrift, die von der durch das Landesgesetz vom 4. November
1690 geregelten Beglaubigung der Echtheit der Unterschrift einer Privaturkunde wohl zu
unterscheiden ist, der gerichtlichen — oder notariellen — Beurkundung eines Rechtsgeschäfts
vollständig gleichsteht. Eine solche Bestimmung ist auch nicht gut zu entbehren. Man denke
an umfängliche Kaufverträge über Grundstücke (8 913 d. B.G.B.'s) oder an die Feststellung
des Statuts einer Aktiengesellschaft (§ 182 des Handelsgesetzbuchs vom 10. Mai 1697). Auch
für die Errichtung eines Testamentes vor einem Richter oder vor einem Notare stellt das
Gesetz diese Form zur Verfügung. Denn nach § 2238 d.' B.G.B.'s erfolgt die Errichtung
des Testaments in der Weise, daß der Erblasser dem Richter oder dem Notar seinen letzten
Willen mündlich erklärt oder eine Schritt mit der mündlichen Erklärung übergiebt, daß die
Schrift seinen letzten Willen enthalte. Da Rechtsgeschäfte dieser Art nicht selten so zahlreiche
und verwickelte Bestimmungen enthalten, daß eine einfache, schriftliche Aufzeichnung der abge-
gebenen Willenserklärungen nicht genügt, sondern daß vor allem erst die zeitraubende Ver-
arbeitung dieser Erklärungen zu dem gewollten juristischen Gebilde erforderlich ist, so muß
das Gesetz, wenn es gerichtliche oder notarielle Beurkundung des Geschäfts erfordert oder
seine Vornahme vor dem Richter oder Notar verlangt, im Interesse der Betheiligten sowohl
wie der Behörden eine Form wie die gegebene bereit halten.
In dem bezeichneten Hefte der Zeitschrift für deutschen Civilprozeß re. ist übrigens auch
eine neuere Abhandlung des Verfaffers „Über die Nachlaßregulirung im Wege der freiwilligen
Gerichtsbarkeit" erschienen. Die Abhandlung zeigt dieselben Vorzüge wie der besprochene
Vortrag. Zutreffend ist auf die Bedeutung der Bestimmung hingewiesen, daß der einzelne
Erbe zu dem vom Gericht anberaumten Verhandlungstermine erscheinen muß, wenn er die
beantragte Nachlaßtheilung zum Scheitern bringen will. Das Nachlaßgericht erhält hierdurch
in Verbindung mit der Vorschrift in § 13 Satz 2 des Gesetzes, wonach das persönliche Er-
scheinen der Betheiligten angeordnet werden kann, die Füglichkeit, unmittelbar aus den Erben
einzuwirken und damit das Zustandekommen einer gütlichen Auseinandersetzung zu fördern.
Selbstverständlich wird es Fälle geben, wo auch diese Füglichkeit nichts nützt- immerhin
werden solche Fälle selten sein, ein Theil der Streitpunkte wird sich zumeist erledigen lassen
(8 99 Satz 2 des Gesetzes). Schon dies ist unter Umständen viel werth. Kanll es doch
Vorkommen, daß die Punkte, wegen deren keine Einigung zu erzielen ist, beim näheren Nach-
denken sich als so geringfügige darstellen, daß schließlich kein Betheiligter es der Mühe werth
erachtet, deshalb Klage zu erheben.
Im übrigen muß ich auf die Abhandlung , selbst verweisen.
Oberlandesgerichtsrath Kretzschmar.

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