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Rüger. AuS dem Erbrechte des Deutsch. B.G.B.'s.
jcnigcn Abkömmlinge treten, welche durch ihn mit dem Erblasser verwandt sind
(Z 1924, Abs. 2, 3; § 1925 Abs. 3; § 1926 Abs. 5).
Demgemäß sind also gesetzliche Erben der zweiten Ordnung (§ 1925) die
Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, die Abkömmlinge jedoch in der
Weise, daß sie erst an die Stelle eines zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebenden
Eltcrutheils treten. Daraus folgt, daß wenn beide Eltern des Erblassers noch
leben, diese allein und zwar nach gleichen Theilen erben, ganz, wie dies nach dem
geltenden sächsischen Rechte der Fall ist, daß aber, abweichend von diesem Rechte,
wenn der eine Elterntheil, z. B. der Vater, schon früher gestorben ist, die Portio»,
die diesem zugefallen seilt würde, auf dessen Abkömmlinge übergeht, also auf die
Geschwister des Erblassers und deren Descendenten, gleichviel ob cs sich um Voll-
oder Halbgeburt der Geschwister handelt. Leben beide Eltern nicht mehr, so erben
die Elternabkömmlinge allein, immer in der Weise, daß sie als Repräsentanten
ihres Parens gedacht sind, woraus sich ergicbt, daß vollbürtige Geschwister an
beiden Elternhälften partizipiren, halbbürtige nur an der einen Hälfte.
Nach gleichen Grundsätzen regelt sich die Erbfolge in der dritten Ordnung
(8 1926). Hier gelangt die Parentel der Großeltern des Erblassers zu ihrem Rechte.
Der Nachlaß, zerfällt in zwei Hälften, deren eine dem väterlichen und deren andere
dem miittcrlichen Großelternpaare gebührt. Ein Großelterntheil, welcher weggesallen
ist, wird repräsentirt durch seine Abkömmlinge; sind solche Abkömmlinge nicht vor-
handen, so fällt der Antheil dem anderen Theile des Großelternpaares, beziehungs-
weise seinen Abkömmlingen zu.
Man wird anerkennen müssen, daß dem in solcher Weise durchgeführten
Parentelensystem ein richtiger Gedanke zu Grunde liegt. Der Nachlaß steigt empor
in dem durch direkte Abstammung gebildeten Stamme und vertheilt sich von diesem
in die Zweige der Seitenverwandten. Diese Vertheilung in die Zweige findet aber
nur insoweit statt, als der zunächst berechtigte Parens nicht mehr lebt. Daß die
Geschwister durch die noch lebenden Eltern ausgeschlossen werden, erscheint billig.
Dem Erblasser stehen die Eltern regelmäßig näher, als die Geschwister und nicht
selten rührt sein Vermögen in Folge der Gewährung einer Ausstatlnng oder
sonstigen Unterstützung von den Eltern her; auch können die Geschwister der Regel
nach erwarten, daß beim Ableben der Eltern der Nachlaß des im Tode vorange-
gangenen Gcschwisters im Wege der Erbfolge doch an sie gelangt. Lebt aber ein
Elterntheil nicht mehr, so ist es nicht minder billig, die Geschwister an seiner
Stelle als Erben eintreten zu lassen. Die gegentheilige Regelung kann zu Härten
führen. Solche Härten treten in den Fällen der zweiten Ordnung vielleicht minder
grell hervor; aber in denen der dritten Ordnung sind sie offensichtlich. Ohne-
hin hat gegenüber den Großeltern des Erblassers die Annahme, daß der Nachlaß
aus deren Zuwendungen herrühre, nicht mehr die gleiche Berechtigung, wie gegen-
über den Eltern. Auch verringert sich mit jeder Generation die Wahrscheinlichkeit,
daß der Nachlaß mit dem Tode des Ascendenten an die Enkel zurückkehren werde.