Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 4 (1840))

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Richter:

logen nicht minder als auf dcnJuristen; ja cs mochte wahr sein, was
irgendwo von einem Theologen selbst behauptet wurde, der sonst dem
Berufe seines Standes nicht allzuviel zu vergeben pflegt, daß die letz-
teren, freilich in ihrer Weise, das Kirchenrecht immerhin noch theo-
logischer behandelten, als die erstercn. Wie aber auch hier die Schuld
flch abstufen und vcrtheilen mochte, so weit war doch die Verzweif-
lung noch nicht gediehen, daß man den Grund der zerfahrenen Na-
tur unseres Kirchenrechtö, anstatt in einem Mangel an Einsicht in
das Wesen der Kirche, vielmehr in diesem letzteren selbst suchen zu
müssen geglaubt hätte. Anders freilich droht sich das Vcrhältniß nun-
mehr zu gestalten; wenn in der neuesten Zeit mit allem Anschein des
Ernstes die Schalkheit der Menschen und Täuscherei uns zu überre-
den versucht hat, daß es der Protestantismus nicht weiter als bis
zur Gemeinschaft der Negation, niemals aber bis zur Kirche gebracht
habe, wenn uns hat bewiesen werden wollen, daß die Kirche, wel-
cher der Herr verheißen hat, daß er bei ihr sein werde bis an das
Ende der Tage, doch nur eine sogenannte sei, welche desto mehr sich
zu ihrem Ende neige, je mehr der Staat sich seiner Aufgabe, das
Reich Gottes zu sein, bewußt werde, wenn endlich irgendwo in dem
Streite über das Bekenntniß namentlich sogar manche Glieder des
Lehramtes sich öffentlich von dem lossagen zu müssen glaubten, was
sonst grade alö der speeifische Gehalt der evangelischen Kirche betrach-
tet zu werden pflegte: so mag es uns nicht Wunder nehmen, daß die
Vorwürfe, deren Grund wir oben zugestanden, allgemach auf die
Kirche selbst sich zurückzuwenden beginnen. Die katholische Kirche
aber sucht von dieser mehr und mehr hereinbrechenden Rathlosigkeit
für sich trefflichen Nutzen zu ziehen; äußerlich wie sie ist, vermeint
sie eben in dieser Aeußerlichkeit ihren göttlichen Beglaubigungsbrief
zu haben, den sie uns frohlockend gegenüberhält.
Dennoch ist der Zustand unserer Kirche und unseres Kirchen-
rechts nicht so verzweifelt, als es nach solchen Vorgängen den An-
schein haben möchte; denn so groß auch das Verschulden unserer Vor-
fahren und unser eignes ist, das wir zu beklagen haben, ist doch für
Viele die Mahnung nicht verloren gegangen, die in unseren letzten
kirchlichen Wirren sich angekündigt hat, die Mahnung ;u ernsten:
Ringen nach kirchlichem Bewußtsein. Die Zeichen eines verjüngten
Lebens im Gebiete derKirchenrechtöwissenschaft sind die in der kurzen
Frist eines Jahres hervorgetretenen Werke von Klee (Das Recht

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