Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 4 (1840))

Der reichsgrafl. Bentincksche Erbfolgestreit. 30.?
vmch sie ihre Standes - und Corporationsehre auf eine also bisher
nicht übliche Weise verletzt sahen. Sie gaben als Motiv ihrer An-
träge auch insbesondere an, daß jene Theorie der Juristen zugleich
eine schädliche Einwirkung zu äußern angefangen, indem die außer-
ehelichen Beiwohnungen häufiger geworden, und sie finden darin
eine um so größere Gefahr, als die Ehre ihres Standes bisher vor-
züglich auch auf Erhaltung der puritas sanguinis beruht habe ^).
Wir finden, daß die Landesherren meist die Vorstellungen der Ritter-
schaften eingingen, und durch die Erlassung der Gesetze selbst die
Motive, von welchen sie dabei geleitet wurden, billigten. Auf der
andern Seite wird es aber sichtbar, wie ihre rechrsgelehrten Räthe
offenbar dem entgegen zu wirken strebten. Zwar ist es im Mn und
17. Jahrhundert nirgend bis zur Erlassung eines die Lehnfolge-
fähigkeit der Mantelkinder anerkennenden Gesetzes gekommen r);
allein man hat den Erfolg des Verlangens und der Anträge der
Ritterschaften zu vereiteln gesucht. In Sachsen ist man so weit ge-
gangen, dem Kurfürsten vorzustellen, daß die Erlassung eines Ge-
setzes, wodurch die Legitimirten von der Erbfolge ausgeschlossen
würden, die Grenzen der landesherrlichen Gewalt überschreite, und

hernach die darin erzeugten Kinder per subsequens matrimonium tcgitimift
und dieselben also für leynsfähige Personen geachtet und uns obtrudirt
werden wollen —".
6) Hcsfter, Erbfolgerecht der Mantelk., S. 57: So stellen die kur-
sächsischen Stände bei den Landesgebrechen im I. 1517 als eigenes Dese-
rat auf, ,,Niemandem zu vcrstatten, mit leichtfertigen Frauen Haus zu hal-
ten, auch zuvor zu kommen, daß die außer der Ehe Gezeugten Schildes,
Helmes und der Lehngüter fähig wären" (Dieck, S. 72). Eben so ist in
einer braunschweigischen Verordnung von 1593, in einer brandenburgi-
schen von 1591, in einer schaumburgischen von 1G15, in einer pommer-
schen von 1933, endlich in einer böhmischen von 1610, als Motiv der
Ausschließung der Mantelkinder ,,die überhand nehmende Unzucht, das
daraus entstehende Aergerniß, so wie die Erhaltung der Reinheit der
Stände" ausdrücklich angezeigt (Dieck, S. 93, 295, 294, 279, 284,
275).
7) Vier solcher Entwürfe sind indeß bekannt geworden, welche Oestreich,
Sachsen, Mecklenburg angehören, während 17 Gesetze im 16. und 17.
Jahrh. die Ausschließung der Mantclkinder aussprachcn; bis zum 19.
Jahrh. hat sich das Verhältniß so gestellt, daß von 43, 15 zu ihren Gun-
sten, 28 gegen sie sich erklärt haben. S. Dieck, S. 67; Gewissensehe,
S. 143.

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