Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 4 (1840))

Paulsen: Lehre v. d. Bürgschaft aus d. nord. Recht. 125

nicht ganz richtig von ihm aufgefaßt ist, so wie über manches allge-
mein Germanischrechtliche mich zu äußern.
Betrachten wir das Wesen der germanischen Bürgschaft, so
fällt sogleich die auch in der genannten Abhandlung berührte Heber*
einstimmung mit den älteren römischen Bürgschaftsverhältnissen in
die Augen: daß der Bürge kein Rechte hatte, eine Vorausklage
gegen den Hauptschuldner zu verlangen; er war (nach dem neueren
Kttnstausdrncke) Selbstschnlouer^). Ungeachtet jener Uebereinstim-
mung sollte aber für das heutige Recht, und namentlich in einer
Zeitschrift für das deutsche Recht, nicht der in der Wissenschaft des
römischen Rechts gebildete Ausdruck Correal-Obligation gebraucht
werden; denn er trägt eher zur Verdunkelung als Aufhellung des
Verhältnisses bei, da germanische Bürgen nie, wie die fidejussores
im Rechte vor Insuman z), eigentli ch e eorrei gewesen sind, und

1) Im ältesten Deutsch bezeichnte dieses Wort den Hauptschuldner; s.
Grimm D. Rechtsalterthümer S. 619; später wird dieser, wohl zum
Unterschiede von dem Bürgen, der rechte genannt; s. Müller S. 344,
und noch d ithmarsisches Landrecht Art. 47 (im Corpus statutorum
provincialium Holsatiae): ,,de rechte sülfschüldige effte Sake-
wolde". Im dänischen Rechte heißt allgemeiner jeder Beklagte:
Sagvolder. Dies Wort soll wohl den bedeuten, der die Rechts-
sache — Sag — in seiner Gewalt hat; bei dieser Allgemeinheit des
Begriffs ist es ehemals auch vom Kläger gebraucht worden, der jetzt
nur mit dem (schon altnordischen) Worte, Sagsögcr — der die Sache
gerichtlich Suchende — bezeichnet wird; vergl. G. L. Baden, Dansk-
Iuridisk Ordbog. In Schleswig und Holstein heißen öffentliche
Ankläger: Sachwalter. — Wenn Eichhorn, abweichend von anderen
Germanisten, die Selbstschuldnerverpflichtung des Bürget nicht für das
älteste Recht annimmt, so bemerkt Müller S. 339 (29) mit Recht, daß
er sich hier (wie auch anderswo) nur auf eines der südlichen Volksrechte
beziebt, denen doch für die Auffindung der ächten germanischen Rechts-
grundsatze nicht das Gewicht beigelegt werden kann, wie den dieses noch
unvermischt zeigenden nördlichen. Diese enthalten keine Bestimmungen
über Bürgschaft; aber hier muß und kann das nordische Recht aus,
helfen, in dessen Lichte auch das Verständniß des Sachsenspiegels,
Bd. 1H. Art. 85, für jene Selbstschuldnerpflicht nicht zweifelhaft sein
kann.
2) S. die Veränderungen durch Justinian in I. 28. Cod. De fidejuss. (8,
41), — vergl. Pauli 8. R. 1. II. tit. 17 §. 16 — und Nov. 4. Ver-
gleiche noch Ribbentrop, zur Lehre von den Correal-Obligationen §.
13 f. (S. 110) §. 17. 18; G. E. Schmidt, die gemischten Einreden

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