Die öffentliche Anklage in Deutschland. 383
sofort, womöglich binnen acht Tagen anfertigen, und er darf sich,
wenn ihm Zweifel aufstoßen, mit dem peinlichen Richter mündlich
besprechen.
Der Anklagelibell soll das ganze Factum mit allen relevanten
Umständen in einzelnen, mit Wahr oder Nichtwahr beginnenden Arti-
keln, von denen jeder aber nur einen Umstand enthalten soll, be-
greifen, und daran sich ein generelles oder alternatives Petitum
anschließen »'*).
Eine derartige Anklage wegen Diebstahls aus dem Anfang
des 16. Jahrhunderts theiltSaur^) mit. Der Eingang derselben
lautet:
„Vor euch den Achtbarn, Vorsichtigen vnnd weisen Herren,
Schultheißen vnnd Schöpfen allhie zu Marpurg, als zun peinlichen
Sachen verordenten Richtern und Urtheilern, erscheinet F. G.
Fiscal, vbergibt ex officio nachfolgende peinliche Anklage gegen
vnd wider Curt N. von N. Beklagten u. s. w. bittet ihnen den
Streit Rechtens zu befästigen vnd auff die Klagartikel, da sie an-
statt der Satzstück wiederholt- ein richtige, klare, unverdunkelte
Antwort, durchs Wort Glaub war oder Glaub nit war seyn, zu-
geben anzuhalten; was alsdann verneynt vnd nit gestanden wil
werden, erbeut sich Fiscalis, doch den Vberfluß hindan gesetzt, zu
beweisen, dessen er sich zum ziemlichsten bedingen thut, vnd ver-
mittelst solcher Protestation setzt vnd sagt Fiscalis anfänglich war
vnd beweißlich seyn". Nach diesem Eingang folgt im ersten Ar-
tikel das sog. medium concludendi s. propositio mit den Worten:
„Wiewol in den zehen Gebotten Gottes, beide geystlichen und
weltlichen beschriebenen Rechten, auch des heiligen Reichs- und
fürstlicher peinlicher Halßgerichts-Ordnung heilsam und wohl ver-
sehen vnd bei ernster leibesstraff verbotten, daß keiner dem andern
sein gewarsam auffbrechen, das sein stelen, heimlich abtragen, oder
dieblicher Weise entfrembden sol". Nunmehr folgen die einzelnen
Artikel mit „Item war" beginnend, von denen die ersten etwaige
frühere Verbrechen des Angeklagten, die weiteren aber das Factum
selbst enthalten, sog. narratio facti 8. assumptio. Der letzte Artikel
enthält die Beweismittel, z. B. in der vorstehenden Anklage lautet
17) Hessen-Darmstädt. P.G.O. Tü. XI. ß. 1. Hessen'Lassel'sche
P.G.O. Tit. VI. 8. 1.
18) A. a. O. G. 29.