Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 19 (1859))

Die kurhessische Verfaffuttgsangelegenheit. 451
reichlscheu Premier-Minister (Grafen v. Rechberg) ausgesprochen
sein ").
Daß jener Bundesbeschluß insbesondere die Zustimmung Preu-
ßens erhielt, war nicht zu verwundern, nachdem dessen höchster
Staatsbeamte, welcher (zum Widerstand gegen die rothe Demokratie
anfangs nur durch seinen muthig patriotischen Kollegen Ladenberg
gehörig gesteift) sich unmöglich zum Widerstand gegen die öster-
reichische Macht ermuthigen konnte, dieses in Beziehung auf die
kurhessische Verfassungssache durch einen Witz (die Revolution in
Schlafrock und Pantoffeln) zu verdecken gesucht hatte; ein Witz,
welcher an sich schlecht und ohne Grund, zugleich um so unverant-
wortlicher war, als ja Diejenigen, gegen welche jener Witz ge-
schmiedet war, wahrlich nichts weiter gethan hatten, als ihren ge-
schwornen Eid heilig gehalten. Nachdem die kurhessischen Stände
den Beschluß gefaßt hatten,
daß sie nach der Verfassung die Steuern nicht eher bewilligen
könnten, als bis das Budget von der Regierung vorgelegt sei,
waren die betreffenden Staatsdiener, indem der §. 146 der Ver-
fassungs-Urkunde von 1831 in Uebereinstimmung mit beinahe allen
andern deutschen Verfassungs-Urkunden, namentlich mit den vom
deutschen Bunde garantirten, bestimmte:
„In den Ausschreibungen und Verordnungen, welche Steuern
und Abgaben betreffen, soll die landständische Verwilligung be-
sonders erwähnt sein, ohne welche weder die Erheber zur
Einforderung ermächtigt, noch die Pflichtigen zur Entrichtung
schuldig sind"
durch ihren auf die Verfassung „zu deren Aufrechthaltung" geleiste-
ten Eid verpflichtet, direkte wie indirekte Steuern, namentlich
auch die Stempel-Abgabe, deren Nichterhebung besonders die
Civildiener zu Revolutionären in Schlafrock und Pantoffeln stempeln
soll, nicht zu erheben.
Es verdienten daher die kurhessischen Civil-Staatsdiener gewiß
14) Darüber, wie es kam, daß in den Jahren 1851 und 1852 Preußen fich
gänzlich Oesterreich unterwarf, werden, wie wir hoffen, Memoiren eine»
damaligen preußischen höheren Staatsbeamten demnächst intereffante Auf-
klärungen geben. Es darf hier nur angedeutet werde«, daß an hoher
Stelle schon längst eine durch mancherlei Verhältnisse genährte außerordent-
liche Deferenz gegen Oesterreich bestand.
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