Volltext: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 19 (1859))

450 Die kurhessische Verfaffungsangelegenheit.
ihrem Beschlüsse selbst die Competenz; und jedenfalls hätte diese
Competenz, wenn sie auch an sich begründet gewesen wäre, doch
rechtlich auch nur in Beseitigung der einzelnen, der Bnndesgesetz-
gebung widerstreitenden Bestimmungen jener Verfassungs-Urkunde
sich äußern dürfen, nicht aber war der Bund zur Beseitigung der
ganzen Verfassung berechtigt n).
Wollte die Bundesversammlung etwa auf Grund des Art. XXV.
der Wiener Schlußakte zur Aufrechthaltnng der öffentlichen Ruhe
und Ordnung (die doch zunächst den einzelnen Staaten selbst ob-
liegt) sich zu der allgemeinen Anordnung veranlaßt sehen:
daß jeder Staatsdiener die Verfügung seiner Vorgesetzten Staats-
behörde, ungeachtet er dieselbe für nicht verfassungsmäßig hält,
ohne Weiteres zur Ausführung zu bringen verpflichtet sei, und
daß das Militär nirgends auf die Verfassung zu beeidigen sei,
so konnte doch, so lange ein solches allgemeines Gesetz für
alle deutschen Bundesstaaten nicht erlassen ist, dem einzelnen deutschen
Bundeslande gegenüber nicht gesagt werden, daß dessen Verfassungs-
beftimmungen der fraglichen Art gegen die bestehende Bundes-
gesetzgebung anstoßen 12).
Offenbar lagen obigem Brmdesbeschlusse, wie schon bemerkt,
nicht Rechts-, sondern politische Rücksichten unter. Es ist ja auch
von dem damaligen bayrischen Premier-Minister öffentlich erklärt
worden, daß Kurhessen und seine Verfassung der Rekonstituirung des
deutschen Bundestages habe zum Opfer gebracht werden müssen"),
und ein gleiches offenes Bekenntniß soll von dem jetzigen öster-

11) In der Frankfurter Verfassungs-Sache hat auch derselbe Bundestag noch
in demselben Jahre 1852 (wenige Monate nach dem die ganze knr-
hesstsche Verfassungs-Urkunde außer Kraft setzenden Beschlüße) nicht die
ganze Frankfurter Verfassung, sondern nur gewisse zusätzliche Bestim-
mungen derselben außer Kraft gesetzt.
12) DaS oben unter 3 erwähnte Mitwirkungsrecht unter diese Rubrik zu
bringen, wäre wohl unmöglich!
13) In der Sitzung zweiter Kammer zu München vom 1. Mai 1851 äußerte
der Ministerpräsident von der Pfordten zur Rechtfertigung der bayrischen
Cinschreitung: was wir in Hessen gethan, haben wir nicht um der hessi-
schen Frage willen gethan; auf dem hessischen Boden ist die deutsche
Frage znr Entscheidung gebracht worden. Allg. AugSb. Zeitung Nr. 123.
von 1851.

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