Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 19 (1859))

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Die kurhessische Verfafsungöangelegenheit.
1) die Norm, daß jeder Staatsdiener selbstständig die Verfas-
sungsmäßigkeit der Verfügung einer oberen Behörde zu prüfen
habe,
2) die Beeidigung des Militärs auf die Verfassung,
3) die Mitwirkung der Stände bei Besetzung der Behörden.
Man kann aber gewiß von keinem dieser Verhältnisse sagen,
daß es, so wie es in jener kurhessischen Verfassung uormirt war,
gegen die im Jahr 1852 (zur Zeit des fraglichen Bundesbeschlusseö)
bestandene Bundesgesetzgebuug, und besonders gegen die Artikel 54.
57. und 58 der Wiener Schlußakte anstoße, welche hier unten in
Note 9 10) wörtlich angeführt sind.
Der deutsche Bund läßt ja auch die unter 1 erwähnte Norm
modificirt im Königreiche Württemberg (s. württ. Verfassu'ngs-Ur-
kunde §. 53b et. E.) und das unter 3 erwähnte Mitwirkungsrecht
von Ständen und andern Corporatione» und Unterthanen in allen
deutschen Staaten in Beziehung auf viele Stellen (insbesondere
Finanzkontrolle, Pfarr-, Schul- rc. Stellen), und namentlich noch
jetzt in Hannover eine ständische Mitwirkung bei Bestellung der
Ober-Appellations-Gerichtsräthe, fortwährend bestehen '").
Mangelt aber der Beweis, daß irgend eine Bestimmung jener
kurhcssischen Verfassungs-Urkunde von 1831 wirklich der Bunde's-
gesetzgebung widerstreite, so fehlte der Bundesversammlung zu jenem

9) der Souverän kann durch eine landständische Verfassung nur in der
Ausübung bestimmter Rechte an die Mitwirkung der Stände gebunden
werden." Art. 58. „Die im Bunde vereinten souveränen Fürsten dürfen
durch keine landständische Verfassung in der Erfüllung ihrer bundeS-
mästigen Verpflichtungen gehindert oder beschränkt werden." Die kur-
hesstsche Verfassung von 1831 enthält nichts, was gegen irgend eine dieser
bundesgesetzlichen Bestimmungen anstieß, sondern vielmehr ausdrückliche
Bestätigungen derselben.
10) Daß von den Bundeskommissären die ständische Mitwirkung bei Besetzung
von Stellen als überhaupt den Grundgesetzen des deutschen Bundes
widersprechend dargestellt wurde, zeigt recht evident, daß in der That im
Jahre 1852 nicht das bestehende Recht, sondern mehr Politische Zwecke
berücksichtigt worden sind; es sagt ja der von den Bundeskommissären
angeführte Artikel 57 der Wiener Schluß-Akte offenbar, daß die Aus-
übung bestimmter Rechte an die Mitwirkung der Stände gebunden
werden kann.

Zeitschr. f. deutsch. Recht, ts. Bd. S. H.

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