Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 19 (1859))

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Die kurhessische Verfassungsangelegenheit.
teil ein Feldzug gegen sie gepredigt ward, namentlich im Jahre
1834 zur Zeit der damaligen Wiener Ministeria!-Conferenzen 6).
In der That sollte ein Hauptzweck dieser Ministeria!-Conferenzen
auf die Modifikation oder gar Beseitigung jener kurhessischen Ver-
fassung von 1831 gerichtet sein. Indessen noch vor dem Beginn
der Conferenzen scheint bei deren Mitgliedern die Ansicht sich Bahn
gebrochen zu haben, daß in der That die kurhessische Verfassung
keine den Bundesgcsetzen widerstreitende Bestimmungen enthielte.
Wie konnte es auch anders sein, da eine genauere Prüfung der
einzelnen anstößig erschienenen Bestimmungen dieser Verfassung, be-
sonders bei einer Nebeneinanderstellung und Vergleichung ihrer an-
stößig erschienenen Paragraphen mit den denselben Gegenstand be-
treffenden Bestimmungen 7) der vom deutschen Bunde nicht blos
konnivirten, sondern selbst ausdrücklich (nach vorgängiger skrupulöser
Prüfung bei allen deutschen Regierungen) garantirten Verfas-
sungen 8) sofort Herausstellen mußte, daß die anstößig erschienenen
Bestimmungen jener kurhessischen Verfassungs-Urkunde nicht beschrän-
kender — sondern vielmehr zum Theil weniger beschränkend — für
eine Negierung waren, als die bezüglichen Bestimmungen dieser
vom deutschen Bunde garantirten Verfassungen (durch welche sämmt-
lich übrigens das Ein-Kammer-System als dem Sinn und Geist
der deutschen Bundes-Akte entsprechend anerkannt war).
Dem scharfsinnigen, und, was Interpretation und Begriffs-
bestimmungen betrifft, rücksichtslos kühnen Kabinet des Fürsten Met-
ternich, und insbesondere dessen bekanntem Hauptfaiseur in den deut-

6) Für die Veröffentlichung der Aktenstücke über dieselbe (1844) gebührt
Welker der Dank des deutschen Volks!
7) Zu einer solchen Zusammenstellung waren die damaligen Diplomaten
wohl pflichtmäßig veranlaßt. Uebrigens wird eine solche von Jedem, wel-
cher sich für die Sache interessirt, mit Hülse irgend einer Sammlung
der deutschen Verfaffungsgesetze sich leicht beschafft werden können.
8) Namentlich der sachsen-weimarschen, garantirt 1817, — der sachsen-hild-
burghausenschen, garantirt 1818, — und der sachsen-koburg-salfeldschen,
garantirt 1822. Durch diese mehrfachen Garantieübernahmen von Seiten
der gesetzgebenden Bundesgewalt hatte sich ebensowohl eine Usual- als eine
'authentische Interpretation für die betreffenden bundesgesetzlichen Bestim-
mungen gebildet, und eine Usual-Jnterpretation hat bekanntlich volle Kraft
wie das Gesetz selbst.

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