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Laspeyres:
Die eine, minder ausführliche und allem Anscheine nach ältere
Ncdaction trennt die Prozeßordnung, aus 17 Titeln bestehend, von
dem eigentlichen Landrechte, 51 Titel umfassend, während der an-
dere eine systematische Anordnung in 5 Theilen zu Grunde liegt,
von denen der 4te das Criminalrccht, der 5te eine Prozeß- und
Gerichts-Ordnung enthält, die drei ersten wesentlich privatrechtlichen
Inhalts sind. Die Handschriften der letzteren Recension haben als
Vorrede ein förmliches Publications - Patent, obschon ohne Datum,
und der Tert, wie er viel reichhaltiger ist, hat auch noch mehr
Form und Ausdruck eines wirklichen Gesetzes; doch kommt auf der
andern Seite jenes Patent auch wieder in der ersten Classe von
Handschriften vor, und obwohl zwischen den dieselben Gegenstände
betreffenden Artikeln eine gewisse Uebereinstimmung unverkennbar ist,
so ist sie doch keineswegs von der Art, daß man die erste Recension
bloß als einen Vorentwurf anzusehen berechtigt wäre. Eben so
wenig lassen sich die verschiedenen Bezeichnungen: Verbesserte Kam-
mer-Gerichts-Ordnung und Landes-Constitution, Declaration der
C.G.O.und L.-Const., Landes-Ordnung, Constitution und Landrecht re.
mit Sicherheit für die eine oder andere Recension vindiciren. Darin
nur stimmen beide Abfassungen im Wesentlichen mit einander über-
ein, daß sie, wie überhaupt die Landrechte und Landes-Ordnungen
jener Zeit, nicht sowohl eine vollständige Darlegung des gesummten
Privatrechts enthalten, als vielmehr einzelne in Praxis und Theorie
besonders streitige Fragen entscheiden.
Als Verfasser der kürzeren Recension ist mit mehr als bloßer
Wahrscheinlichkeit^) der berühmte Lamprecht Diestelmeyer
-s 1588 zu betrachten, welcher über 50 Jahre als Canzler und erster
Kammerrichter an der Spitze der Märkischen Rechtspflege stand.
In der ihm auf des Kurfürsten Befehl von dessen Leibarzte Franz
Hildesheim gehaltenen Lobrede, welche im I. 1589 im Druck er-
schien, wird ausdrücklich von Diestelmeyer gerühmt, daß er Consti-
tutionen verfaßt habe, in welchen Recht und Gewohnheit der Mark
ihm in 6. C. M. Thl. VI. Abthl. 5 gelieferten, bis jetzt einzigen
Abdrucke.
128) Scholtz a. a. O. S. 19 u. 22 betrachtet, wie es scheint, diese all-
gemeine Ausnahme nicht als hinreichend constatirt.