Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 6 (1841))

Das Erbrecht der adelichen Töchter.

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zuvor als nicht vorhanden anzunehmen, sondern es müßte zugleich
bewiesen werden, daß die Verzichte aus der rechtlichen Ueberzeugung
von ihrer Nothwendigkeit (opinio necessitatis 8. obligationis) her-
vorgegangen. Die äußere Thatsache des wiederholten Verzichts
beweist nämlich nach dieser Ansicht nichts: denn diese kann Folge
verschiedener individueller Beweggründe sein; und selbst wenn wir
einen gemeinsamen Beweggrund anuehmen wollen, warum sollte
dieser nicht vielmehr darin, wo ihn die Urkunden übereinstimmend
selbst finden, nämlich in dem guten Willen, das Wohl des Manns-
stamms zu fördern 80), gesucht werden, als in einem rechtlichen
Zwange, den schon der Begriff des Verzichts ausschließt!
Auch die Schriftsteller und die Praxis des 18. Jahrhunderts
verlangen daher für die behauptete Nothwendigkeit des Verzichts,
tanqnam res facti, genügenden Beweis ^). Namentlich äußert sich
hierüber der Verfasser und Ausleger des bairischen Codex Maximi-
lianeus 82), welcher im Uebrigen den Verzichten sehr das Wort
redet, folgendermaßen:
Es ist auch zum dießfälligen Beweis nicht genug, daß man
Renunciationsactus beibringt; denn da solche auch ex libera
voluntate haben geschehen können, so sind sie tanquam actus
mere spontanei, etsi plurimi et continui sint, nicht hinläng-
lich, sofern nicht animus introducendae consuetudinis auf
andere Art genugsam erscheint.
Nur bei den reichsständischen Häusern glaubte Moser83)
eine Ausnahme machen zu müssen; allein der Grund war, daß hier
eine observantia notoria von ihm angenommen wurde, welche den
besondern Beweis im einzelnen Falle überflüssig macht, indem aller-

80) Ohne Zweifel wirkte hierbei die Standesrncksicht mit, daß es an-
ständig, der guten Sitte gemäß sei, zu verzichten- allein solche
Rücksichten schließen den freien Willen nicht ans, sind also nicht
als eine Rechtsnothwendigkeit zu betrachten. Pnchta, Gewohn-
heitsrecht II. S. 53.
81) Cramer, D. de fil. nobil. vi Consuet, vel paet. kam. renuftc. c. 1.
§. 8. 9: per Pacta renunciativa continuo inita, etiamsi frequentissima,
consuetudo renunciandi introduci nequit. Siebe nkens Beiträge
zum deutschen Recht Thl. II. S. 98 f.
82) v. Kreittmayr, Anm. zum bair. Landrecht Thl.III. c. 11. §. 2.
85) Staatsrecht Thl. XVI. S. 71.

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