9.1.23.
Kann der Prozeßbevollmächtigte die in § 37 G.O. f. R.A. geordnete Gebühr für das Sühneverfahren nur dann fordern, wenn er bei dem Sühnetermin mitgewirkt hat?
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Kostenfragen.
durch einen Vergleich beendigt worden, nachdem der Beklagte die Kosten des Rechts-
streits zu tragen hat. Die Klägerin will nun die Vorlegung der Urkunde vom
10. Januar 1895 als eine Beweisaufnahme angesehen wissen, an welche sich die-
jenige mündliche Verhandlung angeschlossen habe, auf Grund deren der Eidesbeweis-
beschluß vom 21. Januar 1895 verkündet worden sei, und erachtet für letztere Ver-
handlung die Ansetzung der in 8 17 der Geb.O. für Rechtsanwälte vom 7. Juli
1879 verordneten Gebühr für gerechtfertigt. Ob die Vorlegung der Urkunde zum
Zwecke der Beweisaufnahme, also zur Feststellung streitiger Thatsachen (8 324
C.P.O.) angeordnet und vorgenommen wurde, oder ob das Gericht die Einsicht
derselben nur zu seiner oder der Parteien Information für erforderlich erachtete,
kann dahingestellt bleiben; denn .nach § 13, Abs. 4 des mehrerwähnten Gesetzes ist
auch eine Beweisaufnahme, die nur in Vorlegung der in den Händen des
Beweisführers oder des Gegners befindlichen Urkunden besteht, kein gebührenpflichtiger
Akt, also im Sinne dieses Paragraphen keine Beweisaufnahme. Folge-
richtig kann von einer weiteren mündlichen Verhandlung im Sinne des 8 17
des Gesetzes im vorliegenden Falle nicht die Rede sein; denn dieser Paragraph
spricht nur „von den Fällen des 8 13 Nr. 4", demnach von solchen Beweis-
aufnahmen, die nicht blos in der Vorlegung einer Urkunde der vorstehends be-
zeichneten Art bestanden haben.
• Vergl. zur Gebühren-Ordmmg für Rechtsanwälte die Kommentare von
Meyer, H. Stuft, zu § 17, S. 41 Anm. 4; Walter, II. Ausl, zu § 17,
,S. 246 flg. bei m, 8 ■
und die in der „Juristischen Wochenschrift" abgedruckten Entscheidungen des Reichs-
gerichts vom 27. Februar 1893 im Jahrgang 1893, S. 184, Nr. 13, und vom
23. November 1893 im Jahrgang 1894, S. 18, Nr. 41.
Kann der Prozetzbevollmächttgte die in 8 37 G.O. f. R.A. geordnete Ge-
bühr für das Sühneverfahren nur dann fordern, wenn er bei dem Sühne-
termin mitgewirkt hat?
Beschl. d. R.G. II. Civils. vom 27. Nov. 1894 Ls II 141/94.
Die Beschwerde der Klägerin richtet sich nnr gegen die Streichung von 10 Mk.
80 Pfg., welche sie für die Mitwirkung ihres Rechtsanwalts bei dem Sühnever-
fahren in Ansatz gebracht hat. Sie mußte für begründet erachtet werden.
Nach 8 37 Abs. 1 der Gebührenordnung für Rechtsanwälte stehen dem Rechts-
anwalt für die Mitwirkung bei einem der Klage vorausgehenden „Sühneverfahren"
(88 471, 571 der C.P.O.) s/10 der in 8 9 der Gebührenordnung vorgesehenen
Gebührensätze zu. Aus dem Wortlaut dieser Vorschrift kann die von dem Ober-
landesgericht vertretene Auffassung, daß die Gebühr nur im Falle der Mitwirkung
im Sühnetermin, nicht auch dann zu bewilligen sei, wenn der Rechtsanwalt
lediglich die Ladung zum Sühnetermin besorgt habe, nicht ohne Weiteres abgeleitet
werden, da auch die zuletzt erwähnte Thätigkeit zum „Sühneverfahren" gehört und
im Falle des 8 571 nothwendig ist. Diese Auffaffung erscheint aber auch nicht
als gerechffertigt. Die in 8 37 der Gebührenordnung vorgesehene Gebühr ist auch
in solchen Fällen zu bewilligen, in welchen es zu einem Rechtsstreit überhaupt nicht
gekommen, oder doch der bei dem Sühneverfahren mitwirkende Rechtsanwalt nicht
als Prozeßbevollmächtigter bestellt worden ist. In derartigen Fällen würde nun
der Rechtsanwalt, der im Aufträge der Partei die in § 571- der C.P.-O. vorge-