Volltext: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 6 (1896))

5.3. Zur Fassung von § 312 des Entwurfs zweiter Lesung eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich

Richter, Zur Fassung von § 312 des «Kntw. &! Lesung eine8 Ä.G.B.'s. 115

Zur Fassung von § 312 des Entwurfs zweiter Lesung eines bürger-
lichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich.
Von Landrichter vr. Richter in Dresden.
. § 312 lautet nach den Beschlüssen der Redaktionskommission in der auf
amtliche Veranlassung bei I. Guttentag in Berlin (1894) erschienenen Ausgabe
des zweiten Entwurfs:
„Hat der Gläubiger eine ihm als Erfüllung angebotene Leistung als Er-
füllung angenommen, so trifft ihn die Beweislast, wenn er die Leistung*) nicht
als Erfüllung gelten lassen will, weil sie eine andere als die geschul-
dete oder weil sie u.nvollständig gewesen sei".
Diese Bestimmung soll an die Stelle von 8 367 des Entwurfs erster
Lesung treten, welcher lautete:
„Hat ein Vertragschließender die ihm als Erfüllung angebotene Leistung
als Erfüllung angenommen, so kann er auf Grund der Mangelhaftigkeit
der Leistung nicht wegen Nichterfüllung des Vertrages die Gegenleistung ver-
weigern, sondern nur noch die ihm sonst zustehenden Ansprüche geltend machen.
Auch ist er in Ansehung der behaupteten Mangelhaftigkeit beweis-
pflichtig".
, Der zweite Entwurf knüpft also im Gegensatz zum ersten an die Annahme
einer Leistung als Erfüllung nicht einen Verlust von Rechten des Gläubigers,
sondern nur seine Beweislast bei deren Wahrung. Er beläßt ihm die exceptio
non adimpleti contractus und beschränkt ihn nicht auf die actiones quanti
minoris und redhibitoria.
Aber auch die Bestimmungen beider Entwürfe über die Beweislast
decken sich nicht. Der erste legt sie dem Gläubiger nur für die Mangelhaftig-
keit der Leistung auf, der zweite aber dann, wenn der Gläubiger die Leistung
nicht als Erfüllung gelten lassen will, weil sie eine andere als die geschuldete
oder weil sie unvollständig gewesen sei.
Von der Beweislast für oder gegen die Mangelhaftigkeit der
Leistung schweigt der zweite Entwurf.
Man kann die Mangelhaftigkeit nicht unter die im zweiten Entwurf ge-
nannten Fälle zählen. Wie kann von ihr bei einer anderen oder unvollständigen,
aber vielleicht von Mängeln freien Leistung die Rede sein? Die Motive zu
8 367 des ersten Entwurfs (Bd. II S. 205) sagen ausdrücklich und mit Recht:
„Wie schon aus dem Wortlaute des 8 367 hervorgeht, bezieht sich derselbe

*) Bei der Revision der zweiten Lesung ist hier das Wort „deshalb" und hinter
„geschuldete" das Wort „Leistung" eingeschaltet, der Paragraph (nunmehr 8 357) aber sonst
nicht abgeändert worden. Die Red.
8*

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