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Hannoversche Versajsungsfragen.
(dem Monarchen), sondern auch deren rechtmäßigen Nachkommen
verbindlich übertragen sei').
Ein solches agnatisches Recht ist denn auch, zwar nicht in
einem Urvertrage mit dem Volke, wohl aber in den Familienge-
setzen des braunschweigischen Hauses, namentlich in dem Erbver-
gleiche v. I. 1635 und in dem brüderlichen Vertrage von 1636
(Art. 9) anerkannt, welche zugleich die Unveräußerlichkeit der Do-
mänen ausdrücklich sestgesetzt Habens. Gleichwohl glauben wir,
daß der Inhalt des Staatsgrundgesetzes auch in dieser Beziehung
sich werde rechtfertigen lassen. Dasselbe bestimmt §. 122:
„Sämmtliche zu dem königlichen Domanio gehörenden Ge-
genstände, namentlich Schlösser, Güter, Gefälle, Forsten,
Bergwerke, Salinen und Aetivcapitalien machen das seinem
Gesammtbestande nach stets zu erhaltende Krongut aus."
Eine Verletzung agnatischer Rechte würde in dieser Erklärung nur
alsdann enthalten sein, wenn dieselbe eine Veräußerung involvirte,
d.h. wenn dadurch demKönige oder seinen Nachfolgern ander Regie-
rung das Domanium entfremdet worden wäre. Allein nach dem,
was wir bereits früher ausgeführt haben, kann hievon nicht die
Rede sein; vielmehr ist das Eigenthum des Landes Herrn und
das eventuelle Suecessionsrecht der Agnaten lediglich unangetastet
gelassen und nur hinsichtlich der Verwaltung und Verwendung das
Eine und Andere angeordnet worden.
Indessen kommt man, was den vorliegenden Fall betrifft,
ganz zu demselbem Resultate, mag man die Domänen als Staats-
als Familien- oder als landesherrliche Güter betrachten. Im er-
steren Falle versteht sich die Administration derselben durch die
verantwortlichen Staatsbehörden und die Bestimmung ihres Er-
trags zu den Staatsausgaben, wie solche in dem Grundgesetze
angeordnet worden, von selbst. Im zweiten Falle aber müssen
diese Bestimmungen aus dem Grunde aufrecht erhalten werden,
1) Vgl. Murrhard, Die Volkssouverainetät im Gegensatz der sog. Legiti-
mität. Kassel 1832, S. 339 f.
Z) Spittler, Gesch. Kalenbergs, a. a. O., Bd. VII, Bl. Nr. 7, S. 384.
— Ribbentrop, Beiträge, I. S. 7, 81, 143 f. Damit stimmen über-
ein die fürstlichen Testamente, namentlich des ersten Kurfürsten Ernst
August v. I. 1686 (Stüve, Vertheidigung des Staatsgrundgesetzes des
Kdnigreichs Hannover, S. 248).
Zeitschrift f. d. deutsche Recht, 2. Bd. I.
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