Literatur.
771
Gerichten gegenüber anerkannt. Es scheint bedenklich, aus dieser Bestimmung, wie Stephan
(S. 24) will, eine gleiche Verpflichtung auch den Staatsanwaltschaften gegenüber abzuleiten,
nachdem der Reichskanzler trotz der gleichlautenden Vorschrift des Patentgesetzes das Patent-
amt zur Abgabe von Gutachten in Patentsachen auf Ersuchen von Staatsanwaltschaften durch
einen besonderen Erlaß vom 20. November 1893 ermächtigt hat. Der Erlaß ist übrigens
in seiner Fassung wenig glücklich; das Patentamt wird durch ihn ermächtigt, Gutachten
auf Ersuchen der Staatsanwaltschaften abzugeben, „sofern in dem gerichtlichen Verfahren
von einander abweichende Gutachten mehrerer Sachverständigen vorliegen." Erstens ist hier-
nach das Patentamt zur Abgabe von Gutachten für die Staatsanwaltschaften nicht ver-
pflichtet. Aber die Hauptsache: weshalb wird die Ermächtigung zur Abgabe von Gut-
achten auf den Fall beschränkt, daß bereits das gerichtliche Verfahren anhängig geworden ist?
Die Staatsanwaltschaft kommt doch dann überhaupt nicht mehr in die Lage, für sich ein
Obergutachten einzuholen. Praktisch viel bedeutsamer ist, daß im Verfahren zur Vorbereitung
der Anklage, also bevor das gerichtliche Verfahren anhängig wird, ein Obergutachten des
Patentamtes möglich ist.
7) Auf S. 37 befindet sich die Aeußerung, daß die Vorschrift des § 21, nach welcher
in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten das Reichsgericht in letzter Instanz zuständig ist, nur
prozefluale Bedeutung habe, daß die streitigen Rechtsverhältnisse nicht nach Handelsrecht
beurtheilt werden. Was soll das heißen? Soll die Anwendung handelsrechtlicher Vor-
schriften wirklich schlechthin ausgeschlossen sein?
III. Die Bearbeitung Allfelds enthält eine sorgfältige Erörterung aller wichtigen,
das Gesetz betreffenden Fragen, ohne den Umfang eines Taschenbuches zu Überschreiten.
Die Ansicht (S. 37 flg. 54), daß die Uebereinstimmung zweier Zeichen, welche vom
Patentamte bei der Anmeldung durch Beschluß (§ 6 Abs. 1) verneint worden ist, im Wege
der Löschungsklage (§ 9) vom Widerspruchsberechtigten (§ 5) nicht mehr geltend gemacht
werden könne, läßt sich trotz Zustimmung Fing er's (S. 42) nicht aufrecht halten; sie wird
von Jacobson (S. 13), Seligsohn (S. 92) und Mev es (S. 123 flg.) zutreffend bekämpft.
IV. Landgraf legt des Näheren die Verkehrsbedürfnisse und praktischen Interessen
dar, deren Befriedigung die Bestimmungen des Gesetzes dienen sollen. Er berücksichtigt ein-
gehend die Entstehungsgeschichte des Gesetzes und theill die wichtigeren Stellen aus der Be-
gründung, aus den Reichstagsverhandlungen und aus den sonstigen Vorarbeiten im Wort-
laute mit, auch aus dem nicht veröffentlichten Entwürfe, welcher im Sommer 1892 im Reichs-
amte des Inneren durch eine Sachverständigenkommission berathen worden ist. Die Er-
läuterungen eines jeden Paragraphen beginnen mit Hervorhebung der Unterschiede zwischen
dem alten und dem neuen Gesetze und bringen am Schluffe eine Uebersicht der einschlägigen
Vorschriften des ausländischen Rechts. Am Ende des Werkes finden sich „Formulare zur
Anmeldung".
1) Nach 8 6 Abs. 2 hat der Anmelder, sofern er geltend machen will, daß ihm un-
geachtet der durch die Entscheidung des Patentamts festgestellten Uebereinstimmung ein An-
spruch auf die Eintragung zustehe, diesen Anspruch im Wege der Klage gegenüber dem Wider-
sprechenden zur Anerkennung zu bringen. Es ist streitig, ob die Zuständigkeit des Gerichts
die erneute Prüfung der Uebereinstimmung umfaßt oder sich auf die Feststellung beschränkt,
daß trotz der Uebereinstimmung der Widerspruch unbeachtlich ist. Aus Landgrafs Aeuße-
rungen läßt sich nicht klar ersehen, welcher Ansicht er ist. Auf S. 37 Abs. 2 wird gesagt,
daß dem Patentamte die Frage der Uebereinstimmung endgültig zur Bescheidung, über-
lassen sei; am Schluffe dieses Absatzes auf S. 36 wird jedoch anerkannt, daß „ja doch. schließ-
lich auch der ordentliche Richter (8 6) zur Anrufung gelangen kann". In Anmerkung 2
auf S. 38 wird betont, wie wichtig es sei, „den Unterschied zwischen denselben und gleich-
artigen Wagren dem ordentlichen Richter zu entziehen"; dagegen heißt es zu 8 6 Abs. 1 auf
49*