Opitz, Heber das Anerbenrecht.
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mit dem Ancrbenrechte verfolgten Zwecke gerechtfertigt werden können, noch auch
in vielen Fällen ohne Härte gegen die Miterben möglich sein, das Anerbenrecht
in Anwendung zu bringen. Derartige Grundstücke werden daher stets auszu-
schließen sein. Wo aber der betreffende Gewerbebetrieb sich lediglich als landwirth-
schaftlicher Nebenbetrieb darstellt, wie bei Brennereien und Brauereien, bei deren
Betrieb lediglich Erzeugnisse des betreffenden Gutes verwendet werden, da ist es
unbedenklich und beziehentlich auch unerläßlich, dieselben als Zubehörungen des
Anerbengutes zu behandeln.
Die Frage, für welche Grundstücke zweckmäßiger Weise das Anerben-
recht zugelassen werden soll, ist in denjenigen Ländern, in welchen das Anerben-
rccht besteht, verschieden beantwortet worden. Eine Zusammenstellung der dies-
bezüglichen Bestimmungen ist in den Motiven zum Entwurf eines Einführungs-
gesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 214 flg. anzu-
trcffen. Nach dieser Zusammenstellung wird die Anwendbarkeit des Anerbenrechts
thcils auf Bauernhöfe im Allgemeinen beschränkt, theils auch das Mindestflächen-
ausmaß bestimmt, das Bauernhöfe oder andere Grundstücke haben müssen, wenn
das Anerbenrecht auf sie soll Anwendung flnden können.
Für Sachsen läge es nahe, das Auerbenrecht auf die nach dem Gesetze vom
30. November 1843 als geschlossen anzusehenden Güter zu beschränken; auch kann
die Frage aufgeworfen werden, ob von diesen Gütern nicht die Rittergüter
auszunehmen sind. So viel die letztere Frage anlangt, so dürfte es sich indessen
keinesfalls empfehlen, die Rittergüter bei dem Anerbenrcchte auszuschlicßen. Ab-
gesehen davon, daß cs in Sachsen nicht wenige Rittergüter giebt, die an Flächen-
ausmaß oder Werth größeren bäuerlichen Besitzringen nach-, beziehentlich doch nicht
weit voranstehen und in Bezug auf die Bewirthschaftungsweise keinerlei wesent-
liche Unterschiede gegenüber den elfteren aufweisen, so läßt sich auch ohne weiteres
behaupten, daß die thunlichste Erhaltung dieser Güter in derselben Familie ebenso
im allgemeinen Interesse liegt, wie bei den Bauergütern. Es lag daher nur im
Wesen der Sache begründet, daß beispielsweise in Preußen, wo anfänglich die
Rittergüter von dem Anerbenrechte ausgeschlossen worden waren, durch spätere
Gesetze das Anerbenrecht auch auf die Rittergüter mit Ausschluß nur derjenigen
ausgedehnt wurde, wo, wie bei Fideikommissen, die Zwecke, die durch das Anerbcu-
recht verfolgt werden sollen, in gleichen:, beziehentlich in noch wcitergehendem Maße
bereits gedeckt werden. Im Uebrigen aber darf man allerdings annehmen, daß
den vaterländischen Verhältnissen in Bezug auf die Einführung des Anerbenrechts
genügt wäre, wenn man das letztere aus die im Sinne des oben angezogenen Ge-
setzes als geschlossen zu behandelnden Güter beschränkt, indem in der That ein
Bedürfnis der Anwendung auch auf andere Grundstücke für Sachsen nicht aner-
kannt werden kann.
Hiernach würde an sich darauf zuzukommen sein, daß die Bestimmungen
darüber, für welche Grundstücke das Anerbenrecht zuzulassen ist, der Landesgesetz-
Archiv für Bürgcrl. Recht u. Prozeß. IV. 34