3.1.2.
Anfechtung eines Versicherungsvertrages durch den Versicherten aus dem Grunde, weil die versicherte Gesellschaft zur Zeit des Vertragsabschlusses die obrigkeitliche Genehmigung zum Betriebe von Versicherungsgeschäften im Königreiche Sachsen noch nicht erlangt gehabt hat. Verordnung vom 16.Oktober 1856. Anfechtung wegen Betrugs setzt nicht voraus, daß der angefochtene Vertrags den Anfechtenden an seinem Vermögen schädige.
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Versicherung. Sachs. Verordnung vom 16. Oktober 1856.
Anfechtung eines Versicherungsvertrages durch den Versicherten ans dem
Grunde, weil die versichernde Gesellschaft zur Zeit des Vertragsabschlusses
die obrigkeitliche Genehmigung zum Betriebe von Versicherungsgeschäften
im Königreiche Sachsen noch nicht erlangt gehabt hat. Verordnung vom
16. Oktober 1856. Anfechtung wegen Betrugs setzt nicht voraus, daß
der angefochtene Vertrag den Anfechtenden an seinem Vermögen schädige.
O.L.G. Dresden, Urtheil vom 29. November 1693. 0. II. 121/93.
Die Klägerin ist eine Hagelversicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit, sie
hat ihren Sitz in Berlin. Ihr Statut ist unter dem 31. März 1888 von dem
K. Preuß. Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten landespoli-
zeilich genehmigt worden. Durch Verordnung des K. Sächs. Ministeriums des
Innern vom 27. März 1890 ist der Klägerin Zulassung zum Geschäftsbetriebe
innerhalb des Königreichs Sachsen nach Maßgabe der Verordnung vom 16. Sep-
tember 1856, den Geschäftsbetrieb ausländischer Versicherungsanstalten im König-
reiche Sachsen betreffend, gewährt worden.
Bereits am 21. Januar 1889 schloß die Klägerin durch Vermittlung eines
ihrer Agenten, Namens A. G., mit dem in R. in Sachsen ansässigen Beklagten
einen Vertrag ab, nach welchem dieser sich verpflichtete, seine Erndteerzeugnisse in
Höhe von 10000 Mk. vom Jahre 1891 ab auf fünf hinter einander laufende
Jahre bei der Klägerin gegen Hagelschaden zu versichern, die spezielle Deklaration
bis zum 1. Juni jeden Jahres einzureichen und die Versicherungsprämien nach
Maßgabe der Versicherungsbedingungen zu entrichten, lieber dieses Abkommen
vollzog der Beklagte eine ihm vorgelegte Urkunde. Bei dem Vertragsabschlüsse
war der Gemeindevorstand P. aus R. zugegen, der damals von der Klägerin
als ihr örtlicher Vertreter für R. angenommen war.
Nach den Versicherungsbedingungen hatte der Beklagte, die Giltigkeit des
Vertrags vorausgesetzt, am 1. Juni 1891 und 1892 je 60 Mk. 50 Pf., am
1. November 1891 und 1892 je 120 Mk. an die Gesellschaftskasse zu bezahlen.
Cr hatte diese Zahlungen verweigert, auch Deklarationen über die Früchte, mit
denen er seine Felder bestellt habe, bei der Klägerin nicht eingereicht.
Vor und bei Abschluß des Vertrags vom 21. Januar 1889 war darüber,
ob die Klägerin zum Geschäftsbetriebe in Sachsen zugelassen fei, nicht gesprochen
worden. Der auf Bezahlung der hiernach sich ergebenden Gesammtsumme von
361 Mk- s. A. gerichteten Klage setzte der Beklagte den Einwand entgegen: er
habe nicht gewußt und nicht annehmen können, daß die Klägerin zu der fraglichen
Zeit zum Geschäftsbetriebe in Sachsen nicht berechtigt gewesen sei, wäre ihm dies
bekannt gewesen, würde er den Versicherungsvertrag nicht abgeschlossen haben;
als ihm kurze Zeit nachher der Sachverhalt bekannt geworden sei, habe er der
Klägerin alsbald mitgetheilt, daß er den Vertrag für aufgehoben erkläre; eine
Antwort darauf habe er nicht erhalten.
Er fechte den Vertrag auch wegen Betrugs an, da die Klägerin verpflichtet
gewesen sei, ihm darüber, daß sie in Sachsen zum Geschäftsbetriebe noch nicht zu-
gelassen sei, Miltheilung zu machen.
Die Klage wurde in erster und zweiter Instanz abgewiesen; die Gründe
des zweitinstanzlichen Urtheils lauten:
Auch nach Ansicht des Berufungsgerichts ist der Beklagte berechtigt, den
der Klage zu Grunde liegenden Vertrag als für ihn unverbindlich anzufechten.