9.1.14.
Zur Auslegung von §§ 104, 105 des Genossenschaftsgesetzes vom 1.Mai 1889.
208 Zur Auslegung von §§ 104, 105 des Genossenschastsges. v. 1. Mai 1689.
anspruche des Hauptgläubigers in Wirksamkeit treten könne. In dieser Rich-
tung liegen hier keine Bedenken vor. Die Klägerin hat die Wechsel, soweit sie sie
vor der Konkurseröffnung weiterbegeben hatte, sich wieder verschafft und sie noch
jetzt im Besitze. Sie ist also die Hauptgläubigerin der Wechsel. Daß ihr nach
dem Inhalt der Wechsel neben dem Acceptanten auch die Ausstellerinnen haften wür-
den, steht der Geltendmachung der vollen Wechselforderungen im Schuldenwesen
nach 8 61 K.O. nicht entgegen.
Zur Auslegung von 88 104, 105 des Genossenschaftsgesetzes vom
1. Mar 1889.
R.G. VI. Civ.-Sen., UrLh. vom 30. Oktober 1893. VI. 199/93.
Ueber das Vermögen der Spar- und Kreditbank, eingetr. Gen. mit unbeschr.
Haftpflicht in Glauchau hatte das Amtsgericht daselbst am 5. Dezember 1891 das
Konkursverfahren eröffnet. Der Kläger war damals wie schon zu der Zeit, als
das Reichsgesetz vom 1. Mai 1889 in Kraft trat, in die Liste der Genossen ein-
getragen. Der Konkursverwalter vertheilte auf ihn in der Vorschußberechnung
einen Beitrag von 11733 l/8 Mk. Auf Grund der von dem Amtsgerichte am
23. Februar 1892 für vollstreckbar erklärten Berechnung fand gegen den Kläger
die Zwangsvollstreckung statt.
Er erhob bei dem L.G. Zwickau gegen den Konkursverwalter Klage unter
der Behauptung, daß er seinen Austritt aus der Genossenschaft deren Kassirer be-
reits im September 1888 angezeigt habe. Sein Antrag ging dahin, festzustellen,
daß dem Beklagten an ihn eine Forderung nicht zustehe, die gegen ihn ausgeführten
Vollstreckungsmaßregeln aufzuheben, den Beklagten auch zum Ersätze der dem Kläger
durch die Zwangsvollstreckung zugefügten Schäden zu verurtheilen. Der Beklagte
schützte die Einrede der Unzuständigkeit vor und die erste Instanz beachtete diese
Ausflucht. Sie nahm an, die Klage sei auf Anfechtung der Vorschußberechnung
gerichtet, sie hätte nach § 105 des Genoss.Ges. bei dem A.G. Glauchau erhoben
werden müssen. Bei dem L.G. seien allerdings zwei Klagen anhängig geworden,
durch die ebenfalls die Vorschußberechnung angefochten worden sei; sie seien beim
A.G. Glauchau erhoben und von diesem auf Antrag der Parteien durch unange-
fochtenen Beschluß vom 4. April 1892 an das L.G. verwiesen worden. Die Zu-
ständigkeit des L.G.'s werde jedoch immer erst durch einen rechtskräftig gewordenen
Beschluß des Amtsgerichts begründet und ein solcher Beschluß liege für den vom
Kläger angestrengten Prozeß nicht vor.
Die Berufung des Klägers wurde vom O.L.G. Dresden zurückgewiesen (die
Entscheidung ist im Sächs. Archive Bd. III S. 629 flg. abgedruckt), das R.G.
aber verwarf die Einrede der Unzuständigkeit und wies die Sache zur weiteren
Verhandlung an die erste Instanz. Die Grüde lauten:
Zur Beurtheilung der vorgeschützten prozeßhindernden Einrede bedarf es keines
Eingehens auf die rechtliche Natur der erhobenen Klage. Das L.G. würde nach
§§ 70 und 23 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig sein, wenn die Klage nicht
unter 8 104 des R.G.'s vom 1. Mai 1889 fallen sollte. Indessen mühte auch
bei Anwendung dieser Gesetzesstelle die Zuständigkeit des L.G.'s angenommen werden.
Nach 8 105 Abs. 1 des Gesetzes vom 1. Mai 1889 sind die in 8 104
gedachten Klagen ausschließlich bei dem A.G. zu erheben. Die mündliche Verhand-
lung erfolgt nicht vor Ablauf der in 8 104 bezeichnten, einmonatigen Nachfrist,