Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 1 (1891))

36.5. Birkmeyer, die Lehre von der Theilnahme und die Rechtsprechung des Deutschen Reichsgerichts. Kritische Studien

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Literatur.

beredet, welche seine Kräfte offenbar übersteigen, oder daß er ihn zur Anschaffung von
Gegenständen beredet, welche er offenbar nicht benöthigt, öder daß er sich, oder einem
Dritten Gegenleistungen gewähren oder versprechen läßt, welche den Werth der ver-
äußerten Sache maßlos übersteigen, wird mit Gefängniß bis zu 1 Monat und an Geld
bis zu 1000 Mark und, wenn er solche Geschäfte gewerbsmäßig betreibt, mit Gefängniß
bis zu einem Jahre und an Geld bis. zu 6000 Mark bestraft.
Mag man nun über die derzeitige Ausreifung des Begriffs „Waarenwucher" und über
die Schwulstigkeit der vorgeschlagenen Strafnorm denken, wie man will (Hausmann S. 75 flg.,
Heck S. 163), so findet doch der Einwand: das Problem einer gesetzlichen Regelung des
Abzahlungsgeschäfts überhaupt sei zu schwierig und zur Lösung noch nicht ausgereift, seine
Widerlegung schon in der kürzlichen Wiedereinbringung des österreichischen Gesetzentwurfs
im neu zusammengetretenen Reichsrath und in der Erwägung: daß es besser ist, an der Hand
eines, wenn auch verbesserungsfähigen Gesetzes praktische Erfahrungen zu sammeln, anstatt
die Zahl der blos theoretischen Abhandlungen, deren es nun genug sein dürfte, sich weiter
vermehren zu lassen.
Eine wirklich brauchbare Statistik wäre vorläufig, wie auf dem Juristentage mit Recht
hervorgehoben wurde, wohl nur durch Umfrage bei allen Abzahlungskäufern zu gewinnen,
die aber weder vollständig zu ermitteln noch offen zu antworten geneigt sein dürften. Das
„Versuchsgesetz" wird die Statistik für seinen vollkommeneren Rachfolger von selber liefern.
Es wird aber zugleich dem deutschen Richter, worauf von Hausmann (S. 34 flg.), Cohen (S. 94)
und Höhne (S. 7) wie auch von Heck (S. 189) übereinstimmend hingewiesen wird, die dank-
bare Aufgabe stellen, auch all seinem Theile an der Heilung der socialen Roth, deren Zu-
sammenhang mit dem Abzahlungsgeschäft allseitig betont wird, thätig sich zu betheiligen.
Amtsr. G. Scheuffler, Johanngeorgenstadt.
*)Die Lehre von -er Theilnahme und -ie Rechtsprechung -es deutschen
Reichsgerichts.' Kritische Studien von vr. Karl Birkmeyer, o. ö. Professor
d. R. an der Universität München. Berlin, Verlag von Otto Liebmann. 1690. 305 S.
Preis 7 Mark.
Das vorliegende Werk des Verf. ist ein „erneuter Anlauf" gegen die Judikatur des
Reichsgerichts. Bereits in seinem Rostocker Rektoratsprogramm: „Ueber Ursachenbegriff und
Kausalzusammenhang im Strafrecht" ist er als Gegner des höchsten Gerichtshofs aufgetreten.
Gegenwärtig ist es die reichsgerichtliche Theilnahmejudikatur, die er bekämpft und die nach
seiner Meinung prinziplos und gesetzwidrig ist.
Das Werk zerfällt in drei Theile.
Der erste bringt ein kritisches Gesammtbild der subjektiven Theilnahmetheorie. Der
Standpunkt der Subjektivisten ist bekannt. Sie lehren, daß jede Bedingung eines Erfolges,
also auch jede Mitwirksamkeit für einen Erfolg diesen ganz und voll verursache und daß in-
folge dessen ein juristischer Unterschied Zwischen den Thätern und den Theilnehmeril an einem
Verbrechen und zwischen den letzteren selbst nur in der verschiedenen Willensrichtuug be-
gründet sei. Ihr wichtigster Vertreter ist von Buri. Mit ihm beschäftigt sich daher der
Verf. am meisten. Er erkennt an, daß die subjektive Theilnahmetheorie vom Standpunkte
der von Buri'schen Kausallehre logisch nothwendig sei. Allein er hält diese Kausaltheorie für
verfehlt. Und ebenso bestreitet er die Haltbarkeit der darauf aufgebauten subj. Theilnahme-
theorie. Ein näheres Eingehen kann unterbleiben. Von Buri selbst hat geantwortet.
Im zweiten Theil entwickelt der Verf. seine eigene Theorie. Er ist entschiedener
*) In der Regel wird die strafrechtliche Litteratur in diesem Archive nicht berücksichtigt
werden können. Nur bei besonders hervorragenden Werken soll eine Ausnahme gemacht
werden. Die Redaktion.

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