496 Versprechen der Prokuraeriheilung.
des bürgerlichen Rechts im § 119 ausgesprochenen Unverzichtbarkeit des Widerrufs
vertreten, indem gegen diese und ihre Begründung in den Motiven Bd. I S. 233
geltend gemacht wird, daß dabei nicht berücksichtigt sei, daß die Bollmacht an sich
nur ein besonders geartetes Zugangsnlittel zu einem Vermögen sei und daher als
Ausführungsmittel nicht bloß für einen Auftrag, sondern für ganz anders geartete
Grundgeschäfte, insbesondere- für Vermögenszuwendungen aller Art, ertheilt werden
könne. Vergl. Zitelmann, die Rechtsgeschäfte im Entw. eines B.G.B.'s, Theil II
S. 88, in Belker.und Fischer, Beiträge, Heft 9 und 10, Bähr in Krit. Viertcl-
jahresschrift, N. F. Bd. 11 S. 340, 341, auch Hölder zum Allgemeinen Theil des
Entw. im Archiv für civil. Praxis, Bd. 73 S. 117. Dabei ist aber offenbar
an Fälle gedacht, in welchen der Umfang der durch die Vollmacht bewirkten Macht-
cinräumung sich innerhalb bestimmter, dem Grundgeschäft entsprechenden Grenzen
hält, sei es, daß die Macht sich überhaupt nicht über den Gegenstand, auf dessen
Veräußerung das Grundgeschäft gerichtet ist, hinaus oder, wenn über diesen selbst
hinaus, doch nur auf einen durch den Zweck des Grundgeschäfts umschriebenen
Kreis von Handlungen erstreckt. Wenn der Pfandschuldner dem Gläubiger die
Vollmacht zum Verkauf des Pfandes Behufs seiner Befriedigung ertheilt, der In-
haber einer Forderung die Zuwendung des Vermögenswerths derselben an einen
Anderen mittels der Erlheilung der Vollmacht zur Einziehung derselben verwirk-
lichen will, so mögen jene Gesichtspunkte zutreffend sein. Sie treffen aber für
eine Prokuraeriheilung nicht zu. Durch die Prokura stellt der Ertheiler der-
selben vermöge der dadurch gewährten Machtvollkommenheit für alle Rechtshand-
lungen, welche der Betrieb irgend eines Handelsgewerbes mit sich bringt, abge-
sehen von der Veräußerung und Belastung von Grundstücken, sein ganzes gegen-
wärtiges und zukünftiges Vermögen und damit seine ganze wirthschaftliche
Persönlichkeit in den Machtbereich des Prokuristen. Soll dies zum eigenen er-
zwingbaren Vertragsrechte des Prokuraträgers oder eines Anderen, in dessen Auf-
trag der Prokuraträger handeln soll, geschehen, so ist dies eine Preisgebung und
Unterwerfung der ganzen Persönlichkeit unter fremde Gewalt, wie sie durch Pri-
vatwillkür nicht wirksam begründet werden kann, weil die Rechte natürlicher Frei-
heit, welche die Persönlichkeit im Rechtssinne ausmachen, keinen Gegenstand einer
rechtsgeschäftlichen Verfügung bilden können. Wollte man für solche Machtein-
räumung ein deren Umfange in den bereits bezeichneten Richtungen entsprechendes
Grundgeschäft konstruiren, so könnte es nur die Zuwendung alles gegenwärtigen
und zukünftigen Vermögens an den Dritten zu einer als dessen Eigenberechtigung
begründeten Verwaltung nach eigenem freien Ermessen sein, welches Geschäft bei
dem völligen Mangel bestimmter Grenzen ebenfalls der rechtlichen Wirksamkeit ent-
behren würde. Daß vermöge des Grundgeschäfts Demjenigen, welchem die schran-
kenlose Macht zur eigenen oder durch einen Dritten zu bewirkenden Betätigung
cingcräumt ist, die Verpflichtung auferlegt sein kann, dieselbe nur innerhalb gewisser
Grenzen zu gebrauchen — wie dies im vorliegenden Vertrage geschehen ist —,