Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 1 (1891))

138 Wuchergesetz vom 24. Mai 1880.
wie ein solcher in der Schuldverschreibung vom 18. März 1875 vorliegt, keine
Anwendung leiden. Auf eine solche unstatthafte Zurückbeziehung würde es aber
auch hinauskommen, wollte man, wie Beklagter eventuell angenommen wissen will,
dem Gesetze vom Momente seines Inkrafttretens an wenigstens die
Wirkung beilegen, daß es für die Zukunft der Entstehung weiterer Konven-
tionalstrafen abzuwenden vermöge. Entscheidend ist vielmehr für die Beurtheilung
der Rechtsbeständigkeit durchgängig der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, dieser
liegt aber vor dem Jnslebentreten des Gesetzes, welches daher auf keinen der aus
dem Vertrage, sei es auch erst später, entspringenden Ansprüche Einfluß gewinnen
kann. Daß aber in dem früheren Rechte seit Aufhebung der Zinsbeschränkungen
keine gesetzliche Unterlage für die Anfechtung von Geschäften der vorliegenden Art
geboten war, ist von dem oben angeführten Schriftsteller (S. 39) überzeugend
nachgewiesen.
B. RG. n. 397/86. Urtheil vom 9. März 1886.
Mit Recht nimmt der Berufungsrichter an, daß das Reichsgesetz vom
24. Mai 1880 auf die vor dessen Inkrafttreten d. i. vor dem 14. Juni 1880
abgeschlossenen Rechtsgeschäfte keine Anwendung finde. Seinem Wortlaute nach
legt sich dieses Gesetz rückwirkende Kraft nicht bei und aus der Erstehungsgeschichte
desselben ergiebt sich, daß die Absicht des Gesetzgebers nicht dahin ging, auch be-
reits begründete Rechtsverhältnisse dem Gesetz zu unterwerfen. Die Motive des
im Jahre 1880 dem Reichstag vorgelegten Entwurfes des Gesetzes verweisen be-
züglich der „Frage der zeitlichen Anwendung des Gesetzes" zu Art. 3 auf die
Regeln des bürgerlichen Rechts, in dem diesen Motiven beigelegten Berichte der
Reichtagskommission von 1879 ist bemerkt, daß die in dem jetzigen § 302 c des
Strafgesetzbuchs enthaltene Bestimmung auf vor Jnkraftreten des Gesetzes ent-
standene Forderungen sich nicht erstrecke, und als Grund hierfür angeführt:
„Die Rechtsbeständigkeit der Forderung kann nur nach dem Zeitpunkt ihrer Ent-
stehung beurtheilt werden."
Ob gleichwohl die Annahme sich rechtfertigen läßt, daß die Bestimmung des
§ 302 v auch dann, wenn nach Inkrafttreten des Gesetzes eine schon vorher ent-
standene Forderung erworben und veräußert oder geltend gemacht wird, Anwen-
dung finde,
(vergl. Holtzendorff, Rechtslexikon, 3. Auflage Bd. III Abtheilung 2
S. 1364—65)
kann unerörtert bleiben. Für die hier in Rede stehende Frage ist dies unerheblich.
Das Rechtsgeschäft, aus welchem die eingeklagte Forderung hergeleitet wird, und
die Cession dieser Forderung an den Kläger fallen in die Zeit v or dem 14. Juli
1880 und es kann sich nur fragen, ob auf dieses Rechtsgeschäft bezüglich seiner
Zulässigkeit und seiner Wirkungen das Gesetz vom 24. Mai 1880 Anwendung
finden könne. Diese Frage ist nach dem Angeführten zu verneinen; entscheidend

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