Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 11 (1901))

216 Eger, Die Haftpflicht der Eisenbahn für Versäumung der Lieferfrist.
nämliche rechtliche Natur. Für die gegentheilige Annahme (Schwab, Inter-
nationales Uebereinkommen S. 300 ff.; Rosenthal S. 243) beruft man sich
mit Unrecht aus den Wortlaut des zu Grunde liegenden Art. 40 des Inter-
nationalen Uebereinkommens im Gegensatz zu Art. 38. In den Verhandlungen
über beide Artikel ist wiederholt aufs Deutlichste die Absicht der Gesetzgeber aus-
gesprochen worden, daß die Deklaration der Art. 38 und 40 die gleiche und
von nämlichem Charakter sein solle. In beiden Fällen bezeichnet daher der
deklarirte Betrag nicht den Gesammtersatzbetrag, sondern nur den Mehrersatz-
betrag, bis zu dessen Höhe — außer der normalen Entschädigung — jeder
weitere nachgewiesene Schaden aus der Versäumung der Lieferfrist zu ersetzen ist.
Liegen diese Voraussetzungen vor, so wird unterschieden zwischen Ver-
gütungen, welche ohne Schadensnachweis, und Vergütungen, welche mit
Schadensnachweis beansprucht werden können.
1. Ohne Schadensnachweis darf der Schadensanspruch bestimmte ali-
quote, das Doppelte der unter Ziff. I (S. 214) normirten Theile der Fracht
betragende Frachttheile der ganzen Fracht nicht übersteigen. Die Höhe der
Vergütung ist zugleich aber auch dadurch begrenzt, daß sie den deklarirten Betrag
des Interesses nicht übersteigen darf. Nach dem Charakter der Jntercffeangabe,
welche nur das Maß des den normalen Ersatz übersteigenden Mehrersatzes angiebt,
darf mithin die Vergütung nicht mehr betragen, als die normale ohne Schadens-
nachweis zu ersetzende Frachtquote zuzüglich der deklarirten Summe. Uebersteigt
die zu gewährende Vergütung der doppelten Frachtquote diesen Betrag, so muß
sie auf letzteren reduzirt werden. Im klebrigen bedeutet auch hier „ohne Nach-
weis eines Schadens", daß die Vergütung in der angegebenen Höhe schlechthin
und unbedingt unter Ausschluß eines Gegenbeweises über Existenz und
Höhe des Schadens gefordert werden darf (s. S. 214). Nur in Bezug auf den
Umfang der Lieferfristversäumung, sowie die Höhe des entsprechenden Frachtbruch-
theils hat der Ersatzberechtigte im Streitfälle die Beweislast und stehk der Eisen-
bahn der Gegenbeweis zu. Außerdem hat sie nur insofern den Gegenbeweis, als
sie behauptet, daß die beanspruchte Vergütung den deklarirten Betrag des Interesses
übersteige. Auch hier besteht kein Unterschied zwischen Eilgut und gewöhnlichem
Gute, wohl aber eine entschädigungsfreie Verspätung von 12 Stunden. Für eine
diese Frist nicht überschreitende Versäumung kann mithin ohne Schadensnachweis
Ersatz nicht beansprucht werden.
2. Mit Schadensnachweis kann der Betrag des Schadens, und zwar
des Völlen Schadens bis zur Höhe des deklarirten Betrages gefordert
werden. Der Anspruch ist nicht auf einen Frachlbetrag beschränkt. Es kann
vielmehr außer dem normalen Ersätze der ganzen Fracht noch ein Mehrersatz
bis zur Höhe des deklarirten Betrages verlangt werden. Es darf also der be-
anspruchte Schadensbetrag nicht schlechthin und unbedingt mit Ausschluß des
Gegenbeweises, sowie ohne Rücksicht auf die Existenz und Höhe des Schadens

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