Eger, Die Haftpflicht der Eisenbahn für Versäumung der Lieferfrist. 215
des entsprechenden Frachtbruchtheils hat der Ersatzberechtigte im Streitfälle zu
führen, nach beiden Richtungen steht der Eisenbahn der Gegenbeweis zu. Es be-
steht kein Unterschied zwischen Eilgut und gewöhnlichem Gute, wohl aber eine ent-
schädigungsfreie Verspätung von 12 Stunden. Für eine diese Frist nicht über-
schreitende Versäumung kann mithin ohne Schadensnachweis Ersatz nicht beansprucht
werden.
2. Mit Schadensnachweis darf der Schadensanspruch die Höhe der ganzen
Fracht nicht übersteigen. Während eine Vergütung bis zur Hälfte der Fracht ohne
Schadensnachweis beansprucht werden kann, liegt es für den Fall der Inanspruch-
nahme eines höheren Schadensersatzes hiernach dem Berechtigten ob, den durch die
Versäumung entstandenen vollen Schaden nachzuweisen. Zugleich ist aber die
Maximalgrenze des Schadensersatzes auf den Betrag der ganzen Fracht erhöht.
Der beanspruchte Betrag darf hier nicht schlechthin und unbedingt mit Ausschluß
des Gegenbeweises und.ohne Rücksicht darauf, ob überhaupt und in welcher Höhe
ein Schaden wirklich entstanden ist, gefordert werden. Der Berechtigte hat viel-
mehr, sobald er einen höheren Schadensersatz als den unter 1 bezeichneten, bean-
sprucht, seinen Schaden nach Existenz und Höhe darzuthun. Die Höhe des Er-
satzes bestimmt sich hiernach durch die Höhe des nachgewiesenen Schadens, nur
mit der Maßgabe, daß der Betrag der ganzen Fracht die Maximalgrenze
der zu gewährenden Entschädigung bildet. Ueber diesen Betrag darf, gleichviel
auf wie hoch sich der nachgewiesene Schaden beläuft, nicht hinausgegangen werden.
Erscheint dem Absender dieser Betrag als Maß des Maximalersatzes nicht aus-
reichend, so bleibt ihm der Weg der Jnteresseangube offen. Zwischen Eil- und
gewöhnlichem Gut wird nicht unterschieden, ebensowenig besteht hier eine ent-
schädigungsfreie Verspätung. Den Betrag der ganzen Fracht muß der Ersatz-
berechtigte gleichfalls erweisen.
Ziffer II regelt den Schadensersatz für Versäumung der Lieferfrist, wenn
eine Angaöe des Interesses an der Lieferung stattgefunden hat. Als-
dann gestaltet sich der Schadensanspruch, je nachdem der Schaden nachgewiesen
wird oder nicht, wie folgt. Voraussetzungen sind 1., daß die Haftpflicht der
Eisenbahn für Versäumung der Lieferfrist gemäß §86 der Verkehrsordnung
an sich begründet ist, und 2., daß eine Angabe des Interesses stättgefunden
hat, d. h. im Frachtbriefe gemäß § 61 lit. f., § 84 Abs. 21 c an der dafür vor-
gesehenen Stelle mit Buchstaben eingetragen worden ist. Eine ohne Beobachtung
dieser Formvorschriften bewirkte Angabe ist als nicht vorhanden zu betrachten.
Wie bereits hervorgehoben, kennt die Verkehrsordnung nur eine Angabe des
Interesses an der Lieferung, welche sonach auf die Fälle des Verlustes und der
Beschädigung (§ 85) wie der Versäumung der Lieferfrist (§ 86) gleichermaßen
Anwendung findet und denselben Rechtscharakter besitzt. Es ist nicht angängig,
der Jnteresseangabe des § 87 eine andere Bedeutung beizulegen, wie der Jnteresse-
aitgabe des 8 85. Wie sie einen einheitlichen Betrag bildet, so hat sie auch die