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Kretzschmar, Allgemeine Vorschriften über Rechte an Grundstücken.
würde also zur Folge haben, daß die Zwangsversteigerung trotz des Verstoßes
giltig ist und das Veräußerungsverbot damit seine Wirkung verliert.
Die Vorschrift des § 772 der Civilprozeßordnung ist m. E. über ihren
Wortlaut hinaus auch auf den Widerspruch und die Vormerkung anzuwcnden.
Beide Rechtsbehelfe begründen eine Verfiigungsbeschränkung der in §§ 135, 136
des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art, und in Wirklichkeit ist das relative
Beräußerungsverbot überhaupt kein Verbot, sondern eine Verfügungsbeschränkung
von zum Theil noch schwächeren Wirkungen, wie sie in dem Widerspruch und
in der Vormerkung enthalten sind. Begründet nach § 772 der Civilprozeßordnung
das Veräußerungsverbot ein der Zwangsversteigerung entgegenstehendes Recht, so
hat das von dem Widerspruch und der Vormerkung auch zu gelten. Planck
(III S. 96) erkennt denn auch die im Wesentlichen gleiche Wirkung des relativen
Veräußerungsverbots und der Vormerkung an, er glaubt aber, daß der Vor-
merkung die Eigenschaft eines der Zwangsversteigerung entgegenstehenden Rechtes
vor allem um deswillen zu verneinen sei, weil eö sich bei dem 8 772 der Civil-
prozeßordnung um eine bloße Ordnungsvorschrift handle. Die Fassung der Vor-
schrift als Soll-Vorschrift ist aber, wie bereits ausgeführt, kein Grund, der Vor-
schrift eine geringere Bedeutung beizumessen; in gewisser Beziehung gilt gerade
das Gegentheil, die Zwangsversteigerung ist, trotzdem sie nach 8 772 nicht er-
folgen durfte, giltig und bringt so das der Zwangsversteigerung entgegenstehende
Recht zum Erlöschen, während die Vorschrift, wenn sie als zwingende gefaßt wäre,
die Zwangsversteigerung zu einer nichtigen machte und damit das Bestehenbleiben
des der Versteigerung entstehenden Rechtes zur Folge hätte.
Wollte man die Vorschrift des § 772 der Civilprozeßordnung für den Wider-
spruch und die Vormerkung nicht für anwendbar erachten, so würde es einen
Unterschied begründen, ob der Gläubiger wegen seines Anspruchs auf Ueber-
tragung des Eigenthums bez. seines Berichtigungsanspruchs eine Vormerkung
oder einen Widerspruch oder aber ein Veräußerungsverbot erwirkt hätte. Ersteren-
falls ist der Antrag auf Zwangsversteigerung abzulehnen oder das eingeleitete Ver-
fahren nach 8 28 des Zwangsversteigerungsgesetzes aufzuheben, letzterenfalls hätte
die Zwangsversteigerung ohne jede Rücksicht auf die Rechtsbehelfe stattzufinden.
Daß das Gesetz trotz der im Wesentlichen gleichen Wirkung, die sie den Rechts-
beyelfen beimißt, eine so verschiedene Behandlung der Sache beabsichtigt haben
sollte, ließe sich nur annehmen, wenn die entsprechende Anwendung des 8 772
der Civilprozeßordnung ausgeschlossen erschiene. Dies ist aber durchaus nicht der
Fall; im Gegentheil erscheint mir die Anwendung des 8 772 der Civilprozeß-
ordnung für den Widerspruch und die Vormerkung nicht bloß zulässig, sondern
sogar geboten. Daß in dem 8 772 der übrigen Verfügungsbeschränkungen nicht
neben dem Veräußerungsverbote der 88 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
Erwähnung gethan ist, findet seine Erklärung darin, daß das relative Veräußerungs-
Verbot den allgemeinen Typus der Verfügungsbeschränkungen bildet. Was von