Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 17 (1857))

396 Warnkönig:
jetzt der französische Canonist Bouir vertheidigt, ausgeschlossen
werden.
3) Aber auch der Episcopat steht in größerer Abhängigkeit
von Rom da, als es bisher der Fall war. Auch für ihn hört
der Schutz des Placet auf. Es wird von dort aus eine strengere
Aufsicht nicht blos über die Handhabung der kirchlichen Disciplin
in der Diöcese geübt, sondern auch die Doctrin einer strengeren
Controle, namentlich von Seite der Congregatio indicis, unterworfen
und die Freiheit der theologischen Wissenschaft vielleicht auf ein
Minimum herabgedrückt werden. Die einst im deutschen Reiche
eristirende Selbständigkeit des Episcopats hat schon längst aufge-
hört — und das einst bei uns so hochgepriesene, freilich von Rom
und von den Curialisten immer bekämpfte Episcopalsystem hat dem
reinen PapalsysteM Platz gemacht. Von Libertates ecclesiae ger-
manUae, an die man 1815—1819 so oft dachte, kann künftig nie
mehr die Rede sepn. Ist doch der Gallicanismus, trotz der organischen
Artikel zum Concordat von 1801, in Frankreich antiquirt worden!
4) Hat die katholische Kirche in Oesterreich und Württemberg,
wie freilich auch in Preußen und anderswo, dem Protestantis-
mus gegenüber eine weit festere Stellung, wie bisher, erhalten.
Sie wird den Prinzipienkampf gegen denselben — zu dem sie freilich
verpflichtet ist — mit größerer Entschiedenheit fortzusetzen im Stande
seyn, namentlich dann, wenn ihre temporelle Unabhängigkeit durch
die Realdotation der Bisthümer und durch reichlicher fließende Gü-
terzuwendungen noch mehr als jetzt gesichert ist. Iesuitencollegien
werden vielleicht auch in protestantischen Städten oder Bezirken
entstehen — und es wird der protestantische Clerus genöthigt seyn,
mit noch größerem Aufwand von Wissenschaft und Eifer, wie bis-
her, der katholischen ecclesia militans gegenüber zu stehen. Noch
mehr als gegen den Protestantismus wird aber der Katholieismus
seine Waffen gegen die sich ihr nicht aeeomodirende freie Wissen-
schaft wenden, die nicht convenirenden philosophischen Systeme und
die unkirchliche Behandlung der Geschichte verdammen und, wie
neuestens einige belgische Bischöfe thaten, das Besuchen von Lehr-
anstalten den Gläubigen verbieten, in welchen die von der Kirche,
verworfenen Irrlehren vorgetragen werden.
Der Staat wird nicht berechtigt seyn, dieser Kraftentwicklung,
so lange sie in den Gränzen der gesetzlichen Freiheit bleibt, hem-

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