Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 7 (1897))

23.2. Die zweite Lesung eines Deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs

694 Grützmann, die zweite Lesung des Entw. e. dtsch. B.G.B.'s.

Die zweite Lesung des Entwurfs eines deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs.
Vom Justizrath vr. Grützmann in Dresden.
(Fortsetzung: §§ 1106 bis 1144; 1051 bis 1061.)
Die Briefhypothek entsteht nach § 1106 des Entwurfs nur durch be-
sondere Vereinbarung; so lange solche nicht getroffen wird, ist die Hypothek Buch-
hypothek. Die Kommission hat den überaus wichtigen Beschluß gefaßt, das Ver-
hältniß umzukehren: Die Hypothek ist immer Briefhypothek, wenn nicht besonders
vereinbart worden ist, daß kein Brief ertheilt werden soll. Man hat sich hierfür auf
das in dem größeren Theile des Reichs geltende Recht sowie darauf bezogen, daß
in Preußen nur selten auf den Brief verzichtet werde und sich hieraus keine Miß-
stände ergeben hätten (B.G.B. § 1116).
Nach dem Entwürfe stand die Vereinbarung, einen Hypothekenbrief ertheilen
zu lassen, unter den Grundsätzen vom dinglichen Vertrage. Insbesondere war sie
nur wirksam, wenn sie im Grundbuche eingetragen war. Die Kommission wollte
ursprünglich den Verzicht auf den Brief auch ohne Eintrag gellen lasten; nur durch
Ordnungsvorschrift sollte der Eintrag vorgesehen werden. Nachträglich aber hat
die Kommission das geändert: Der Eintrag ist wesentlich. Es soll dadurch ver-
mieden werden, daß der Verzicht dem Grundbuchamt unbekannt bleibt und mithin
der Brief trotz des Verzichts ertheilt wird, vielleicht gar in Umlauf kommt.
Bevor die Kommission den Beschluß faßte, die Regel des Entw. über
das Verhältniß der Briefhypothek zur Buchhypothek umzukehren, hatte sie beschlossen,
in den Entw. eine Bestimmung einzuschallen, wonach die Eigenthümerhypothek
durch Bestimmung des Eigenthümers zur Briefhypothek werden sollte. Es fragt sich,
ob diesem Beschlüsse bei der inzwischen veränderten Sachlage der Sinn beizulegen sei,
daß die Eigenthümerhypothek durch Bestimmung des Eigenthümers aus einer Brief-
hypothek zur Buchhypothek werden könne. Die Redaktionskommission hat das nicht
so angesehen; das B.G.B. enthält keine derartige Vorschrift. Dennoch wird eine
solche Befugniß des Eigenthümers angenommen werden können; dieser ist, wenn
auch nicht in Wirklichkeit, so doch nach einer gesetzlichen Fiktion zugleich Pfand-
gläubiger und Pfandschuldner; er vereinigt also die beiden Personen in sich, deren
Einverständniß zur Begründung der Buchhypothek nöthig ist. Die Kommission hat
ihren Beschluß als einen „wesentlich redaktionellen" aufgefaßt (S. 4569 Zeile 6).
Das beruht jedenfalls auf der Vorstellung einer Vereinigung der beiden Personen.
Diese Vorstellung wird für das Bürgerliche Gesetzbuch noch dadurch erleichtert, daß
die Einigung der beiden Personen nicht mehr, wie in § 1106 des Entw., als
Vertrag bezeichnet wird (B.G.B. § 1116 Abs. 2 Satz 3; vgl. oben 1894 S. 589
Abs. 2).
Nach § 1107 des Entw. kann die Briefhypothek durch Einigung der Par-
teien wieder in eine Buchhypothek verwandelt werden. Die Kommission hat sich
darüber geeinigt, daß der Verzicht auf den Hypothekenbrief nicht nur von vorn-
herein vereinbart werden könne, sondern auch nachträglich, nach der Ertheilung des
Briefs. Die Entschließung darüber, ob das ausdrücklich im Gesetze zu sagen sei,
hat sie der Redaktionskommission überlasten, und von dieser ist eine solche Vor-

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